Veranstaltungsreihe „Suche Personal – Biete attraktives Unternehmen“ präsentierte Modellprojekte in Mainz
Starke Partner für den Fachkräftewettbewerb
Um im Wettbewerb um Fachkräfte gegenüber den umliegenden Bundesländern und globalen Konzernen bestehen zu können, so Uwe Hüser, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, sei ein vernetztes Vorgehen aller Akteure in Rheinland-Pfalz notwendig. Das Projekt „Lebensphasenorientierte Personalpolitik 3.0“ als Bestandteil der Fachkräftestrategie des Landes Rheinland-Pfalz biete regionalen Unternehmen die Möglichkeit, sich an der Personalpolitik von Leuchtturmunternehmen zu orientieren. Handlungsfelder der Fachkräftestrategie seien Nachwuchssicherung, Potenzialnutzung, Kompetenzausbau und der Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke. Dabei könnten gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen auf die Unterstützung der Kammern bauen, die ihren Mitgliedern jederzeit beratend zur Seite stünden, betonten sowohl Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der IHK für Rheinhessen und Dominik Ostendorf von der Handwerkskammer Rheinhessen. Unterstützung gibt es zudem durch vielfältige Fördermöglichkeiten der ISB.
Eingehen auf Mitarbeiter über verschiedene Lebensphasen hinweg
Silvia Clöer, Personaldirektorin des Immobilien Dienstleisters Aareon aus Mainz, mit 1.200 Mitarbeitern das größte der vortragenden Unternehmen, sieht in unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen und flexiblen Beschäftigungsmöglichkeiten wichtige Ansätze, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Schon früh hat das Unternehmen begonnen, diese Personalpolitik auch durch entsprechende Zertifikate zum Beispiel „berufundfamilie“ zu untermauern. 2012 wurden sie von der Bundesregierung als attraktivster Arbeitgeber ausgezeichnet. Solche Siegel bringen einen enormen Imageschub, müssen aber durch konsequente Personalarbeit auch intern umgesetzt werden. Neben Managementkarrieren seien auch Fach- und Projektkarrieren zu ermöglichen und attraktiv auszugestalten – gerade für ein IT-Unternehmen sei das wichtig. Hierzu gehören gezielte Weiterbildung, aber auch Mentorenprogramme, um mehr Frauen in verantwortliche Positionen zu bringen. Auch Gesundheitsmanagement sei eine immer wichtigere Aufgabe.
Innovativ, bodenständig und individuell – so gewinnt man Leute
Wer ein Unternehmen von Null auf 17 Mitarbeiter in sechs Jahren auf dem flachen Land bringt, der muss wissen, wie man Mitarbeiter gewinnt und hält. Das Ehepaar Katrin und Nico Dobroschke erreicht das in ihrer Landmetzgerei in Bingen und inzwischen auch in weiteren Standorten mit einer familiären und intergenerativen Personalpolitik. So würden sie das aber nie nennen. Was bei den Großen Talent- und Retention-Management heißt, nennt die Betriebswirtin mit Bodenhaftung, Katrin Dobroschke, Dienstplanung und Mitarbeiterschulung. Die Dobroschkes bieten ihren Mitarbeitern regelmäßige, selbst ausgewählte Fortbildungen an, laden sie zu monatlichen Besprechungen aller Filialen ein, zum Ideenaustausch, manchmal auch Verkosten neu kreierter Wurstsorten wie dem Barrique-Schinken. Altmeister und Geselle arbeiten Hand in Hand, der Geselle lernt vom Altmeister und schafft es zur Meisterprüfung. Statt „Stay-in-Contact-Programm“ setzt sich die Chefin mit der schwangeren Mitarbeiterin hin und rechnet aus, dass eine Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit auch finanziell attraktiv sein kann – und hält die Mitarbeiterin. Sie nennen es familiäre Lösungen, wenn wegen Knieproblemen der Dienstplan umgestellt, der Einsatzort gewechselt oder die Arbeitszeit geändert wird. Oder der Arbeitgeber eine finanzielle Hilfe gewährt, wenn es privat einmal klemmt. Die Bezahlung ist überdurchschnittlich. Ob es daran liegt, dass dann auch noch pfiffige Ideen wie der Wurstautomat entstehen, an dem die Kunden 24 Stunden täglich beste Dobroschke-Wurst und Grillfleisch für den Sonntagabend ziehen können – ohne die Verkäuferinnen von ihrem Familien wegholen zu müssen? Man glaubt dem sympathischen Paar gerne, dass das alles kein Zufall, sondern kluge Mittelstands-Personalpolitik ist. Dafür nutzen Sie auch die Angebote der Handwerkskammer, die den Betrieben rechtliche, betriebswirtschaftliche und Ausbildungsberatung anbieten, wie Dominik Ostendorf von der Handwerkskammer Rheinhessen betonte.
Talent-Management – Fachkräfte von innen heraus fördern
Bei den Chemischen Werken Budenheim stehen die Themen Ausbildung, Qualifizierung und Potenzialentwicklung an vorderer Stelle. Mit einer hohen Ausbildungsquote von neun Prozent in technischen, chemischen und kaufmännischen Berufen ist man seit jeher engagiert. Je stärker aber durch das Ausscheiden älterer Mitarbeiter der Bedarf steigt, umso mehr setzt das Unternehmen auf die Förderung der junger Talente im Unternehmen um höhere Positionen zu besetzen. Auch bei der Rekrutierung nutzt das Unternehmen dies zur Profilierung als attraktiver Arbeitgeber. Dabei konzentriert man sich nicht nur auf Talente für das Top-Management. Constanze Heers, Personalleiterin des traditionellen, zur Oetker-Gruppe gehörenden Unternehmens, betont, dass ihr Talent-Management offen für alle Ebenen sei, gerade auch im Facharbeiterbereich. Bei der Auswahl wie auch der Weiterentwicklung der Talente lerne das Unternehmen ständig dazu. So sei das Talent-Management keineswegs nur auf junge Menschen beschränkt. Auch vierzigjährige Talente würden gefördert. Wichtig sei, was man an Potenzialen sehe und wie diese im und für das Unternehmen entwickelt werden könnten. Dabei seien auch die Führungskräfte entsprechend einzubinden.
Weiterer Projektverlauf
Prof. Dr. Jutta Rump informierte die Teilnehmer abschließend über den weiteren Verlauf des von ihr wissenschaftlich begleiteten Projekts. Am 17. November 2014 bereits werden bei der ISB in Mainz acht Unternehmen als attraktive Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Wirtschaftsministerin Eveline Lemke wird bei der gemeinsamen Jahresveranstaltung ihres Ministeriums und der ISB, die Preise an acht Siegerunternehmen für herausragende Personalpolitik überreichen. Für 2015 sind 16 regionale Netzwerktreffen geplant, die nach dem Motto „aus der Praxis für die Praxis“ in Unternehmen der Region stattfinden werden und das Modellprojekt nachhaltig fortführen sollen. Genauere Informationen zu Projekt und Terminen finden Sie unter: www.lebensphasenorientierte-personalpolitik.de
Editors Notes
Das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) unter Leitung von Prof. Dr. Jutta Rump (Geschäftsführerin) erforscht personalwirtschaftliche Fragestellungen. Die Schwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit („Employability“), demografischer Wandel und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das IBE berät Unternehmen und Institutionen in arbeitsmarktpolitischen, personalwirtschaftlichen und sonstigen beschäftigungsrelevanten Fragen. Über alle bisherigen Projektphasen hinweg zeichnet das IBE mit der Unterstützung von Multiplikatoren verantwortlich für die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung der Thematik „Lebensphasenorientierte Personalpolitik“.
Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz (MWKEL) hat das Projekt „Strategie für die Zukunft – Lebensphasenorientierte Personalpolitik“ ins Leben gerufen und fördert es. Nach dem erfolgreichen Abschluss eines Modellprojektes in den Jahren 2009 – 2011 sowie dem Ausbau der Vernetzung rheinland-pfälzischer Betriebe und der Vertiefung der Branchenspezifik in 2012 – 2013 stehen in der aktuellen Projektphase die Bildung von starken Arbeitgebermarken der rheinland-pfälzischen Unternehmen sowie der Schulterschluss mit kommunalen Akteuren zur Stärkung der Regionen im Mittelpunkt. Das Projekt ist Bestandteil der Landesstrategie zur Fachkräftesicherung Rheinland-Pfalz.
Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) ist das Förderinstitut des Landes Rheinland-Pfalz und zuständig für die Wirtschafts- und Wohnraumförderung im Land. Im Rahmen ihrer Aufgaben zur Stärkung des rheinland-pfälzischen Mittelstandes begleitet die Förderbank das Projekt seit 2012. Hierbei bietet sie insbesondere Plattformen zum kommunikativen Austausch, um aufzuzeigen, wie Unternehmen regionen- und branchenspezifisch Fachkräfte gewinnen und halten können.
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