Die digitale Transformation, die Globalisierung sowie die damit verbundene wirtschaftliche und politische Ungewissheit zwingen DIY-Unternehmen auf der ganzen Welt, neue innovative Strategien zu ergreifen. Christian Raisson, Geschäftsführer des ersten Online-Baumarktes ManoMano aus Frankreich, erklärt, wo Risiken und Chancen liegen.
Neueste Studien zeigen, dass Kunden nicht mehr in großen, anonymen Märkten einkaufen wollen, in denen sie von großen Lagerregalen umgeben sind. Wie sieht die Zukunft des Baumarktsektors in den nächsten Jahren aus?
Das stimmt. Trotzdem steht die Baumarktbranche – insbesondere die kleinen und mittelgroßen Betriebe – dem wachsenden Erfolg von Amazon und Ebay mit einer defensiven Haltung gegenüber. Die Baumärkte erwarten, dass diese zwei Firmen in den nächsten vier bis fünf Jahren zu den Marktführern im Heimwerkerbereich werden. Aus meiner Sicht ist das eine schwache Reaktion auf die Entwicklungen. Unternehmen wie Obi verändern einfach nichts; weder führen sie neue Kundenlösungen auf dem Markt ein, noch ändern sie ihre Geschäftsmethoden. Sie bleiben defensiv. Da wird deutlich, dass gerade diese Branche Angst vor der Einführung von digitalen Lösungen in ihrem Geschäftsfeld hat.
Das sind Firmen, die lange etabliert sind. Was hindert sie daran, auf dem Markt aggressiver aufzutreten?
Zunächst einmal gibt es in dem Feld nicht so viele Firmen. Gerade in Frankreich und Deutschland haben wir einen sehr konzentrierten Markt – und auch einen begrenzten Kreis an Zulieferern. Für die Hauptakteure gibt es kaum Wettbewerb. Daher glauben sie, sie müssten an ihren Geschäftsmodellen nichts verändern.
Wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um in eine ungewisse Zukunft zu investieren?
Es führt kein Weg daran vorbei: diese Firmen müssen in ihre Zukunft investieren. Solche langfristigen Investitionen in intelligente digitale Lösungen sind ein fortschrittlicher Ansatz. Sie können durch neue Vertriebswege viele Geschäftsmöglichkeiten schaffen. Tatsächlich geht es nicht nur darum, ob man in eine digitale Zukunft investieren möchte; es geht ums Überleben. Die Heimwerkerbranche ist das letzte nicht-digitale Wirtschaftsfeld. Alle anderen waren vor den Baumärkten online: Reisen, Schuhe, Kultur, Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik, Dienstleistungen… Warum sollten Baumärkte die einzige Branche bleiben, die ihren Kunden lediglich ein nicht-digitales Einkaufserlebnis im Laden bietet?
Es geht ums Überleben in einer globalen Geschäftswelt. Firmen müssen mit Freihandelsabkommen, politischer Instabilität und den Anforderungen der Industrie 4.0 klarkommen. Sie haben Ihr Geschäft in Frankreich gestartet und sind jetzt in mehreren EU-Ländern aktiv. Was sind Ihre Eindrücke von den verschiedenen nationalen Märkten?
Wir sind ein Teil der Welt. Im Baumarkt-Geschäft kommen ungefähr 90 Prozent der Produkte aus China. Wir können nicht sagen: „Wir wollen China nicht auf dem europäischen Markt.“ Damit wäre die Branche tot. Wenn auswärtige Firmen ihr Geschäft in Europa aufbauen wollen und sich dabei an die EU-Regeln halten: kein Problem. Worunter die EU-Staaten aber leiden, ist, dass die EU-Regeln eben nicht für alle Firmen gleichermaßen gelten. Nehmen Sie das Beispiel Amazon. Durch Steuer-Deals mit der EU kriegt dieses Unternehmen riesige Vorteile auf dem Markt. Das wollen wir ändern. Die EU darf nicht nur diese großen, internationalen Firmen unterstützen. Wir brauchen viel mehr Unterstützung für den europäischen Start-up-Markt.
Sie sagten, die europäischen Baumarkt-Unternehmen seien zu traditionell und unzureichend auf die heutigen Vertriebstrends eingestellt. Welche Art der Personalisierung und Verkauf über verschiedene Kanäle wird in den kommenden Jahren am bedeutendsten sein, und noch wichtiger: was sind gute Lösungen?
Ich kann Ihnen einige Beispiele aus unserer Firma geben. ManoMano gibt es erst seit vier Jahren und wir sind in Sachen technologische Lösungen im Heimwerker-Sektor noch ein Start-up. Die ersten unserer Partner waren eCommerce-Akteure und Großhändler, die besseren Zugang zum Internet und zu den Herstellern haben wollten. Mit der Nutzung unserer Lösungen mussten sie ihr Denken über die Kunden ändern. Wir forderten von ihnen, direkt auf die Kunden zuzugehen. Sie fanden die Idee gut, mussten aber dennoch eine ganze Reihe neuer Mitarbeiter einstellen, um ihre IT-Systeme anzupassen und neue Lieferketten aufzubauen. Das war für sie sicherlich nicht einfach, aber im Endeffekt haben sie ihre Unternehmen damit in die Zukunft geführt.
Wir bieten ihnen nicht nur Daten über diesen neuen „Kundentypus“, sondern auch die Tools, um diese Daten intelligent zu nutzen. Sie wissen jetzt genau, wo sie ihre Produkte verkaufen können, welcher Preis der rentabelste ist, wann sie bestimmte Produkte auf dem Markt anbieten sollten. Diese Art von Daten können sie nicht – oder nur sehr schwerlich – in traditionellen, großen Baumärkten sammeln. Nicht mal die Riesen wie Amazon haben diese Daten.
Reden wir hier schon von künstlicher Intelligenz im Baumarkt-Sektor?
In gewisser Weise schon. Man forscht, welche Produkte die Menschen jetzt gerade wollen und wie die Firma sofort auf diese Nachfrage reagieren kann. Bei ManoMano haben wir von Anfang an in KI investiert, zunächst in unseren eigenen Tools, zum Beispiel Kategorisierungs-Algorithmen, Angebots-Algorithmen… Heute investieren wir in KI für unsere Auftraggeber -die Kunden und Hersteller – um ihren Verkauf anzukurbeln.
Das Sammeln von Daten ist in Deutschland eine heikle Frage. Wie gehen Sie dieses sensible Thema an?
Wir sammeln große Datenmengen, aber die sind natürlich anonymisiert. Wir sammeln Daten nicht so, wie es beispielsweise Facebook tut.
Sie nutzen diese Daten in zwei Richtungen: consumer-to-consumer (C2C) und business-to-business (B2B). Welche genauen Vorteile haben Sie und Ihre Partner davon?
Zulieferer und Hersteller profitieren von vielen Services, die auf unseren Big-Data- und digitalen Dienstleistungen basieren. Diese haben einen riesigen Einfluss auf verbesserte und effizientere Leistungen in der Logistik, in der Lieferkette, und auch in der
Kundenzufriedenheit. Diese Verbesserungen sind notwendig, um es mit den riesigen Online-Playern wie Amazon aufzunehmen.
Wir haben bei ManoMano 1,4 Millionen Produkte in allen Produktkategorien und verschiedenen Preisklassen. Wir haben C2C-Services, die unseren Kunden professionelle Beratung darüber bieten, wie sie einfach und schnell entscheiden, was genau sie für ihre Heimwerker-Projekte brauchen, und wie sie es für einen guten Preis kaufen können. Das ist einmalig im Online-Heimwerkermarkt.
Einmalig? Was kann ich denn als ManoMano-Kunde erwarten, das mir Amazon nicht bietet?
Die traditionellen Baumärkte sind zu fokussiert auf die Produkte und vergessen dabei, ihren Kunden ein Einkaufserlebnis zu bieten. Bisher ist ManoMano der einzige Online-Anbieter auf dem Markt, der eine Mischung aus Baumarkt-Expertise und Onlineshopping-Erlebnis bietet. Das unterscheidet uns von den Baumärkten, aber auch von Amazon. In Frankreich sind wir im Heimwerkerbereich bereits größer als Amazon. Ein gutes Beispiel ist unser Chat-System. In Frankreich beantworten 45 Experten die Fragen der Kunden und zeigen ihnen die besten Lösungen für ihre individuellen Ansprüche. Bei Amazon haben Sie ein Vorschlags-Mechanismus und einen Aftersale-Service, aber niemanden, der Sie vor dem Kauf professionell berät. Gerade als Baumarktkunde braucht man aber eine solche Beratung. Jeder hat es doch schon mal erlebt, dass er im Baumarkt diesen Mitarbeiter getroffen hat, der genau den richtigen Tipp parat hatte.
In dieser Hinsicht sind wir mit ManoMano also wirklich einzigartig. Und dabei ist das Erfolgsrezept recht simpel: bei ManoMano kriegen Sie Beratung, Sie treffen daraufhin eine Entscheidung, und Sie bekommen einen guten Preis.
Mit diesem simplen Erfolgsrezept treten Sie jetzt auf dem europäischen Markt an. Was können Sie den verschiedenen Baumarkt-Kunden in den einzelnen Ländern bieten?
Wir haben unseren Dienst vor Kurzem in Großbritannien gestartet und wollen nun in Italien und Deutschland expandieren. Natürlich ist Amazon in Deutschland stärker als in Frankreich, aber wir sind dennoch sehr optimistisch. Wenn wir in einen neuen Markt einsteigen, nehmen wir natürlich alle lokalen Angebote von Zulieferern und Herstellern mit ins Angebot auf. Dazu kommen unsere 5-Sterne-Zulieferer aus anderen europäischen Märkten. Im Moment kommen ungefähr 20 Prozent unserer angebotenen Produkte aus dem Ausland. In Deutschland sind wir gerade mit zusätzlichen Produkten aus den Niederlanden und Frankreich gestartet.
Also wird es für deutsche Heimwerker demnächst möglich sein, eine klassische britische Clawfoot-Badewanne zu kaufen?
Der erste Schritt ist, ManoMano auf alle europäischen Märkte anzupassen. Derzeit funktioniert das Duplizieren unseres Produktangebots sehr gut. Wir bieten in Deutschland einen Produktkatalog, der der deutschen Nachfrage auf dem Markt entspricht. Aber natürlich können Sie als deutscher Kunde auf ManoMano auch jetzt schon die britischen Clawfoots oder Produkte im skandinavischen Stil kaufen. Wir planen, in Zukunft noch mehr Spezialangebote in den einzelnen Ländern anzubieten, also auch für die deutschen Kunden.
Und das zu niedrigeren Preisen, als bei Amazon. Das ist unser Ziel, das wir für alle unsere Partner erreichen wollen.
Es wird also ein echter Kampf gegen Amazon.
In Deutschland sind wir schon in Gesprächen mit den Herstellern. Wir sind ihre einzige Möglichkeit, abseits von Amazon ein intelligentes Online-Angebot aufzubauen. Mit Amazon können Sie keine echte Partnerschaft etablieren. Wenn Sie Zulieferer sind, nimmt sich Amazon Ihren Katalog, wählt daraus einige Produkte aus und nimmt damit dann den Wettbewerb gegen Sie auf – und Sie zahlen dafür noch hohe Provisionsgebühren. Langfristig ruiniert Amazon Ihre Marke. ManoMano arbeitet nur auf vertikaler, partnerschaftlicher Ebene. Außerdem bringen wir unseren Partnern Methoden zur Datengewinnung bei und verhelfen Ihnen damit zu neuen Möglichkeiten für ihr Geschäft. Wenn wir es schaffen, in Deutschland den gleichen Weg einzuschlagen wie in Frankreich, werden wir die führende Online-Plattform für Heimwerker- und Baumarkt-Produkte, mit Dienstleistungen wie Supermano und mit erfolgreich eingeführten B2B-Leistungen für Hersteller, ihre Lieferketten und für Carrier Services.
ManoMano ist die erste Adresse, wenn es um Heimwerker- und Gartenbedarf im Internet geht.
Auf unserem Marktplatz bieten wir momentan die Kataloge von mehr als 200 Händlern aus dem Heimwerker- und Gartenbereich. Mit mehr als 360.000 Produkten in unserem Katalog bietet Ihnen ManoMano eine Auswahl, die 5 bis 10 Mal größer ist als die in Ihrem bekannten Heimwerkermarkt.
Die ManoMano Händler sind Spezialisten in ihrem Bereich und haben sowohl Profiprodukte für das Fachpublikum aller bekannten Marken als auch einfache Einstiegsprodukte für Hobbyheimwerker im Programm.
Kontakt
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