Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
Arbeitnehmer hören häufig die Drohungen ihres Chefs mit einer Kündigung, wenn die Arbeitsleistung nicht besser werden. In der Praxis werden viele Kündigungen, die eigentlich wegen einer nach Ansicht des Arbeitgebers zu schlechten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ausgesprochen werden, als betriebsbedingte Kündigung „getarnt“. Hintergrund ist folgender: Die betriebsbedingte Kündigung lässt sich in der Regel leichter vor dem Arbeitsgericht durchsetzen. Klagt der Arbeitnehmer nämlich innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung (Kündigungsschutzklage) muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess die Kündigungsgründe darlegen und beweisen. Dies ist für eine betriebsbedingte Kündigung in der Regel wesentlich leichter, als für eine Kündigung wegen Schlechtleistung.
Anforderung an Kündigung wegen Schlechtleistung enorm hoch:
Die Anforderungen der Arbeitsgerichte an eine Kündigung wegen Schlechtleistung sind enorm hoch. Sie sind vom Arbeitgeber fast nicht zu erfüllen. Das liegt zum einen daran, dass bereits die Normleistung nicht vernünftig dargelegt werden kann. Eine Darlegung ist vergleichsweise einfach, wenn der Arbeitnehmer bestimmte Stückzahlen produzieren muss. Arbeitet der Arbeitnehmer zum Beispiel an einem Fließband und werden am Fließband pro Arbeiter am Tag durchschnittlich 100 Stück hergestellt kann die durchschnittliche Leistung einfach bestimmt werden. Bei geistigen Leistungen, ist dies aber wesentlich schwieriger. Wie sieht zum Beispiel ein durchschnittlicher anwaltlicher Schriftsatz aus? Was kennzeichnet ein durchschnittliches Baugutachten? Wie sieht eine durchschnittliche Unterrichtsstunde aus?
Nur wenn der Arbeitgeber die durchschnittliche Leistung bestimmen kann, kann er davon abweichend auch die unterdurchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers, also dessen Schlechtleistung darlegen. Schafft der Arbeitnehmer im oben genannten Beispiel statt der 100 Stück pro Tag nur 20 Stück, liegt zweifellos eine Schlechtleistung vor. Diese rechtfertigt auch dann allerdings nicht ohne weiteres eine Kündigung wegen der Schlechtleistung. In den anderen oben genannten Fällen, wird die Schlechtleistung nur sehr schwer darzulegen sein.
Wichtiges Urteil I: Schlechtleistungen und ungenügende Arbeitsleistungen sind nur in Ausnahmefällen geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 05. Juli 2011 – 9 Sa 1174/10 -, juris).
Wichtiges Urteil II: Schlechtleistungen und unzureichende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers rechtfertigen in der Regel nicht dessen außerordentliche Kündigung. Eine schwerwiegende Maßnahme wie die außerordentliche Kündigung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn z.B. der Arbeitnehmer bewusst (vorsätzlich) seine Arbeitskraft zurückhält und nicht unter angemessener Anspannung seiner Kräfte und Fähigkeiten arbeitet (LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03. März 2011 – 25 Sa 2641/10 -, juris).
Kündigung wegen Fehlern:
Anders liegt der Fall, wenn es sich nicht einfach nur um eine unterdurchschnittliche Leistung handelt, sondern wenn der Arbeitgeber schwerwiegende Fehler macht, die zu Schäden beim Arbeitgeber führen. In solchen Fällen kann eine Kündigung als verhaltensbedingte Kündigung nach vorheriger Abmahnung gerechtfertigt sein. In diesen Fällen steht regelmäßig nicht die kontinuierliche Minderleistung des Arbeitnehmers im Vordergrund, sondern dessen durch vertragswidriges, schuldhaftes Verhalten herbeigeführte Schädigung des Arbeitgebers. Ein Busfahrer, der durch häufige Fahrfehler Unfälle verursacht, begeht eine Schlechtleistung. Ein Busfahrer, der durch die wiederholte Missachtung der Vorfahrtsregeln Unfälle verursacht, begeht Pflichtenverstöße, die nach vorheriger Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen können. Im Vordergrund steht dann nämlich, der Verstoß gegen die Straßenverkehrsregeln.
Regelmäßig Abmahnung erforderlich:
Auch in solchen Fällen ist regelmäßig eine Abmahnung vor dem Ausspruch der Kündigung erforderlich. Dem Arbeitnehmer muss Gelegenheit gegeben werden, sein vertragswidriges Verhalten zu korrigieren. Nur in extremen Ausnahmefällen und bei sehr hohen Schäden kann eine Kündigung auch ohne vorangegangene Abmahnung wirksam sein. Der Arbeitgeber geht in solchen Fällen allerdings ein erhebliches Risiko ein, dass er aus diesem Grund mit der Kündigung vor Gericht scheitert.
Fazit: Kündigungen wegen Schlechtleistung häufig unwirksam
In der Praxis haben Kündigungen wegen schlecht Leistungen vor den Arbeitsgerichten in der Regel keinen Bestand. Dies ist nur bei besonders gravierenden Vertragsverstößen des Arbeitnehmers und erheblichen Schäden des Arbeitgebers anders.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Vor Ausspruch einer Kündigung sollten die Möglichkeiten des Arbeitnehmers, gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht vorzugehen, genau bedacht werden. Auch wenn in der Kündigung selbst kein Kündigungsgrund angegeben werden muss: Man sollte über die Begründung der Kündigung Klarheit haben. Eine einmal eingeschlagene Richtung lässt sich vor dem Arbeitsgericht nur noch schwer korrigieren.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Wer eine Kündigung erhält, sollte immer Kündigungsschutzklage einreichen. Das gilt jedenfalls dann, wenn im Betrieb regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt sind. Dann geht nämlich das Kündigungsschutzgesetz. Der Arbeitgeber braucht für die Kündigung einen dort anerkannten Kündigungsgrund. Gerade Kündigungen wegen Schlechtleistung oder allgemeiner Unzufriedenheit des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmer lassen sich vor Gericht nur schwer durchsetzen. Auch wenn das Arbeitsverhältnis oft nicht mehr gerettet werden kann, eine Abfindung ist regelmäßig drin.
Unser Angebot:
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29.12.2015
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