Rechtsanwältin Susanne Kilisch beantwortet die Frage ob Geschäftsfähigkeit oder natürliche Einsichtsfähigkeit bei Betreuervorschlag notwendig sind.
Der BGH hat mit Beschluss des XII. Zivilsenats vom 18.8.2021 – XII ZB 151/20 folgenden Fall entschieden. Ein Betreuervorschlag erfordert weder die Geschäftsfähigkeit noch die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen äußert, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will.
Der Betroffene ist der verwitwete Vater von drei Söhnen und einer Tochter. Der Betroffene leidet an fortgeschrittener Demenz. Bei der Erteilung einer notariellen Vorsorgevollmacht für zwei Söhne war er bereits geschäftsunfähig. Das Amtsgericht hat zunächst einen Berufsbetreuer bestellt und nach einer eingelegten Beschwerde zwei Söhne als Betreuer bestellt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Tochter, mit der sie weiterhin die Bestellung eines Berufsbetreuers anstelle ihrer Geschwister erreichen möchte.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Auswahlentscheidung ausgeführt, die Auswahl der beiden Söhne als Betreuer entspreche dem grundsätzlich zu beachtenden Vorschlag des Betroffenen. Ein solcher Vorschlag erfordere in der Regel weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit; vielmehr genüge es, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtue, eine bestimmte Person als Betreuer zu bestellen. Dass der Betroffene die beiden Söhne als Betreuer wünsche, ergebe sich daraus, dass er ihnen Vollmacht erteilt und diese Entscheidung im gerichtlichen Anhörungstermin ausdrücklich bestätigt habe. Demgegenüber habe der Betroffene im erstgenannten Termin geäußert, die Tochter hätte auf gar keinen Fall seine Betreuerin werden können. Es bestünden trotz der familiären Verwerfungen nach der Anregung des Betreuungsverfahrens keine Bedenken gegen die grundsätzliche Eignung der beiden Betreuer. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will, was vorliegend nicht der Fall ist. Ebenfalls ist bei der Auswahl des Betreuers die verwandtschaftlichen Beziehungen des Betroffenen zu berücksichtigen. Nahe Angehörige werden erst recht zu Betreuer bestellt, wenn der Betroffene ihn ausdrücklich als Betreuer wünscht.
Das Beschwerdegericht ist weiter davon ausgegangen, dass konkrete Bedenken gegen die Führung der Betreuung durch die beiden Söhne weder dargelegt noch ersichtlich sind. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen.
Dieser Beitrag wurde von Frau Rechtsanwältin Susanne Kilisch von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Volker Thieler – Prof. Dr. Wolfgang Böh – Oliver Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH verfasst. Frau Rechtsanwältin Susanne Kilisch hat sich auf den Tätigkeitsschwerpunkt Betreuungsrecht und hier insbesondere auf Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung spezialisiert. Die deutschlandweit tätige Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist seit Jahren u.a. auf das Thema Betreuungsrecht und hier insbesondere auf Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung sowie die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in Betreuungsangelegenheiten spezialisiert.
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