Hilfe, wenn es beim Gebrauchtwagenkauf zum Betrug oder zu Problemen kam
Gerichtsverfahren sind schwierig und kompliziert. Viele vergessen, dass etwas vor Gericht bewiesen werden muss. Nur weil jemand immer nett ist oder einen Beruf hat wie ein Feuerwehrmann oder noch nie im Leben gelogen hat, gewinnt dieser Mustermensch nicht den Gerichtsprozess. Konkret vor Gericht geht es nicht um liebe Menschen, sondern um Beweise. Hierbei muss normalerweise derjenige etwas beweisen, der einen Nutzen aus der dargelegten Tatsache zieht. Beim Gebrauchtwagenkauf gilt also: Wenn das Auto von Anfang an Schrott war beziehungsweise einen Mangel hatte, muss der Käufer dies beweisen. Doch der Verkäufer wird behaupten, dass der Mangel erst eingetreten ist, als der Gebrauchtwagen schon lange beim Käufer war. Typisch ist insbesondere ein Motorschaden nach drei Wochen.
Da hilft die Beweislastumkehr. Ein Jahr nach dem Autokauf muss der Händler beim Verbraucherkauf den Beweis vor Gericht führen, dass der Mangel nicht schon vor Übergabe an den Käufer vorgelegen hat. Es wird also vermutet: Das Auto war schon vor dem Kauf mangelhaft.
Genauer im Text – worum geht es?
Der Frankfurter Feuerwehrmann Kelvin A. kauft ein Auto. Als er nun auf den Hof der Feuerwache fährt, lachen ihn seine Kollegen aus: Das Licht hinten geht nicht, das Auto ist laut und brummt. Also Mängel bemerkt, Geld zurück oder Minderung des Kaufpreises? Im Rahmen eines Autokaufes ist es so, dass ein Mangel der Kaufsache zu Gewährleistungsrechten des Käufers führt. Funktioniert bei einem gekauften Fahrzeug die hintere rechte Lampe nicht oder gibt es einen Motorschaden und so weiter, ist das ein Mangel. Der Käufer wie der Feuerwehrmann aus Frankfurt kann dann Reparatur verlangen oder den Kaufpreis mindern oder sein Geld ganz zurückfordern. Konsequent fährt er zurückzum Händler und möchte einen Preisnachlass.
Mangel erst bemerkt, als das Auto schon gekauft war
Der Mangel hat sich erst auf dem Hof der Feuerwache gezeigt. Das Auto war bereits gekauft. Juristisch bedeutet das, dass sich dieser Mangel erst nach Gefahrübergang im Sinne des Paragrafen 446 BGB zeigt. Es gilt bekanntlich deutsches Recht. Gefahrübergang liegt in diesem Sinne vor, wenn das Auto an den Käufer übergeben wurde, dieser also die tatsächliche Gewalt darüber erlangt hat. Feuerwehrmann Kelvin hat nach Schlüsselübergabe das Auto erhalten. Man schaut sich das Auto also beim Händler an und alles funktioniert. Nun nimmt man es mit nach Hause und nach zwei Wochen später zeigt sich ein Mangel wie ein kaputter Scheinwerfer oder ein Motorschaden.
Beweislastumkehr hilft
Normalerweise wäre es jetzt so, dass der Käufer beweisen müsste, dass der Mangel bereits vor Gefahrübergang, also vor Übergabe des Autos vorgelegen, hat. Dieser Beweis ist oft schwierig zu erbringen. Vielleicht hat ja nach der Übergabe ein Marder ein Kabel durchgebissen, wegen der rückwärtigen Lampe oder er ist so aggressiv gefahren, dass ein Schaden am Motor eingetreten ist. Es muss gegebenenfalls ein Gutachter eingeschaltet werden, der diese Fragen untersucht. Der Händler hätte sozusagen lügen können und sagen: Sie haben unter anderem die Rückleuchte beschädigt, nachdem sie als Käufer das Auto schon hatten. Kann der Richter nun nicht mehr feststellen, ob der Schaden vor oder nach der Übergabe eingetreten ist, würden diese Zweifel zulasten des Käufers gehen. Normalerweise muss also der Käufer Kelvin vor Gericht beweisen, dass der Scheinwerfer schon vor der Übergabe kaputt war. Das ist schwierig, jetzt hilft die Beweislastumkehr.
Feuerwehrmann kauft privat vom Händler – Verbrauchsgüterkauf
Etwas anderes gilt im Verbrauchsgüterkauf nach Paragraf 474 BGB in diesem Sinne sind Verbrauchsgüterkäufe Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware kauft. Diese Ware kann auch ein Kraftfahrzeug sein. Der Verkäufer muss also Unternehmer und der Käufer Verbraucher sein. Verbraucher ist gemäß Paragraf 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihre gewerblichen noch ihrem selbstständigen beruflichen Werken dient. Einfach gesagt, eine Privatperson, die sich ein Auto zu privaten Zwecken kauft. Unternehmer hingegen ist eine natürliche oder juristische Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt, gemäß Paragraf 14 BGB. Einfach gesagt, vom großen Autohaus bis zum Gebrauchtwagenhändler handelt es sich um Unternehmer. Der Feuerwehrmann ist Verbraucher
„GottseiDank“ – Umkehr der Beweislast
Liegt nun ein Verbrauchsgüterkauf vor, gilt Paragraf 477 BGB. Eine Beweislastumkehr ist in Abs. 1 von Paragraf 477 BGB normiert: Wenn sich der Mangel innerhalb eines Jahres seit dem Gefahrübergang zeigt, wird vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war. Nach heute in der Rechtsprechung vertretender herrschender Meinung erstreckt sich hierbei die Vermutung des Paragrafen 477 BGB bei innerhalb von einem Jahr nach Gefahrübergang auftretenden Mängeln auch darauf, dass die Ursache für diesen Mangel schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Dies wird mit dem Verbraucherschutz begründet und auch durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juni 2015 bestätigt. Wenn eine solche Vermutung besteht, kann der Verkäufer diese jedoch widerlegen. Er kann wiederum selbst einen Sachverständigen beauftragen und hierdurch beweisen, dass der konkrete Mangel erst nach Gefahrübergang eingetreten ist, sowie dass auch der Grund oder Ursprung des Mangels in einem Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang liegt. Die Beweisschwierigkeiten, die hiermit verbunden sind, liegen jedoch aus Gründen des Verbraucherschutzes in diesem Zusammenhang beim Verkäufer.
Fazit
Beim Verbrauchsgüterkauf hilft die Beweislastumkehr des Paragrafen 477 BGB. Zeigt sich ein Mangel innerhalb eines Jahres, wird vermutet, dass dieser bereits vor Gefahrübergang vorgelegen hat, beziehungsweise dass die diesem zugrunde liegende Ursache schon vor Gefahrübergang vorgelegen hat. Dies wirkt sich im Prozessverlauf, wenn Gewährleistungsrechte des Käufers gerichtlich geltend gemacht werden, positiv für den Käufer aus. Am Schluss ist also der Privatkäufer zufrieden, weil die Beweislastumkehr den Prozess einfach gemacht hat. So kann der Feuerwehrmann, der ein Auto mit defektem Motor und Rückleuchte erhalten hat, für sich entscheiden, den Preis angemessen herunterzusetzen und selbst zu reparieren. Da der Mangel in binnen eines Jahres nach Kauf eingetreten ist, gilt, dass dieser Mangel schon bei Übergabe vorgelegen haben muss.
Autor: Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt
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