Warum Schablonen nicht zur Beschreibung ganzer Generationen und Gesellschaften taugen
Von Ansgar Lange +++ Generationen und Gesellschaften werden oft in Schablonen unterteilt – der besseren Übersichtlichkeit halber. Generation Golf, Generation Silber, Generation Praktikum, Gesellschaft der Angst, nivellierte Mittelstandsgesellschaft, Spaß- und Freizeitgesellschaft: Es wurden und werden immer wieder Versuche unternommen, Generationen und Gesellschaften auf einen Nenner zu bringen. Solche Begriffe eignen sich für steile Thesen oder zum Verkauf von Büchern, zur Beschreibung der gesellschaftlichen Realität taugen sie nicht, meint der Personalexperte Michael Zondler.
Der Soziologieprofessor Heinz Bude hat ein neues Buch geschrieben. „Gesellschaft der Angst“ heißt das nur 160 Seiten schlanke Werk http://www.his-online.de/verlag/9010/programm/detailseite/publikationen/gesellschaft-der-angst/. Für die Rheinische Post (RP), die Budes Buch einer kritischen Analyse unterzogen hat, kommt die „große Angst ab 40“. „Die deutsche Mittelschicht hat Angst vor dem Leben“ lautet der erste Satz apodiktisch. „Mit Verlaub gesagt, solche generalisierenden Aussagen sind ziemlicher Unsinn. Natürlich gibt es ängstliche Frauen und Männer über 40, aber es gibt genauso auch mutige Damen und Herren, sich den Herausforderungen im Privat- wie Berufsleben beherzt stellen“, sagt der Personalexperte Michael Zondler vom Beratungsunternehmen centomo http://www.centomo.de. „Wir bei centomo sind ein eher junges Team. Bei unserer Klientel, also Kandidaten, Interimsmanagern und Freelancern und Personalverantwortlichen, haben wir es mit allen Altersgruppen im erwerbsfähigen Alter zu tun. Es ist eher ein Medienphänomen oder ein Fall fürs soziologische Oberseminar, wenn man so tut, als würden die verschiedenen Generationen auf voneinander weit entfernten Planeten leben.“
Dorothee Krings beschreibt die gesellschaftliche Wirklichkeit in ihrer RP-Analyse anders. Die heute 40-jährigen seien zwar kompetent, kommunikativ und ehrgeizig, steckten aber voller Furcht: „Die Angst vor dem Abstieg, vor der Ausgrenzung aus der mächtigen Mehrheitsgesellschaft mit ihren Konsumansprüchen.“ Die Arbeitsverhältnisse würden brüchiger, die Halbwertszeit angeeigneten Wissens sinke. Schon mit 30 erlebten Angestellte, wie Jüngere nachrückten, „die frischer ausgebildet und williger zur Selbstausbeutung sind“. Die aktuellen Leistungsträger gerieten so in schwere Depression und fantasierten ständig über Ausstiege aus ihren Karrieren nach.
„Natürlich gibt es den IT-Experten oder Ingenieur, der zwischenzeitlich mal darüber nachdenkt, ob ein Leben als Heilpraktiker, Romanschriftsteller oder Tantralehrer nicht auch seinen Reiz hätte. Und der eine oder andere wird auch aussteigen und etwas anderes versuchen. Nur: Viele über 40-jährige IT-Experten oder Ingenieure wollen einfach das weiter machen, was sie jetzt tun. Und sie tun es gerne und gut“, so Zondler.
Vor kurzem habe die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, dass Konzerne wie Daimler und Bosch (laut FAZ der „Pionier der Senior-Experten-Tools“) die Rentner zurückholten. Aus diesen Einzelbeispielen jetzt gleich einen Megatrend für eine ganze Generation oder Gesellschaft abzuleiten, sei kompletter Unsinn, meint Zondler. „Letztlich sind Debatten über frustrierte 40-jährige und fitte 70-jährige ein Luxusproblem einer Wohlstandsgesellschaft – wobei natürlich auch dieser Begriff wieder eine Pauschalisierung beinhaltet, die nicht allen Mitgliedern der Gesellschaft gerecht wird“, so der centomo-Geschäftsführer.
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