Die Krankenkassen stellen sich als Gewährleister der Krankenversorger dar- heute eine andere Ausrichtung

Sozialgesetzbuch Fünf, Beitragszahler, Leistungen, Fremdleistungen, Zusatzbeiträge

BildWer kennt die Schlagworte der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht:

Sicherstellung hervorragender Leistungen
Bester Service und eine exelente persönliche Beratung
und individuelle Tarife

Stimmt das eigentlich? Im Folgenden werde ich diese Fragen einmal
mehr oder weniger konkret aus Sicht der tatsächlichen Gegebenheiten beantworten.

Die zu bezahlenden Leistungen zur Gesundung von Krankheiten sind im Sozialgesetzbuch pauschal aufgeführt. Im Detail und konkret bestimmt der „Gemeinsame Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen/Krankenhäuser“ Diagnostik- und Therapiemaßnahmen.
Die Leistungserbringer, also die Ärzte in den Praxen, die Krankenhäuser, die zugelassenen Physiotherapeuten, Zahnärzte, Orthopädie-Werkstätten, Apotheken u.a. rechnen ihre Leistungen über Rechenzentren bzw. mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder direkt mit der jeweiligen Krankenkenasse ab. Einfluss auf Qualität und Intensität von Diagnostik und Therapie hat die einzelne Kasse nicht. Sie muss sich auf gemeinsame Verträge der Kassenverbände bzw. auf Honorarregelungen der Kassenärztlichen Vereinigungen verlassen, dass diese für die Qualität und Quantität ihrer Erbringer der ärztlich/medizinischen Leistungen einstehen.
Das notwendige finanzielle Aufkommen zur Abwicklung der Bezahlungen aller Aufwendungen (also gesetzlich gebundene Leistungen und kasseneigene Wettbewerbs-Angebote) für Versicherte übernehmen die Mitglieder, die Arbeitgeber, Sozialbehörde u.a. mit ihren Beiträgen. Die Einnahmen fließen zunächst in den Gesundheitsfonds beim Bundesversicherungsamt. Nach einem gesetzlichen Schlüssel werden die Erlöse auf die einzelnen Krankenkassen verteilt, damit die Rechnungsstellungen der oben erwähnten Leistungserbringer und alle anderen Ausgaben befriedigt werden.

Die Behauptungen der Krankenkassen, dass sie für hervorragende Leistungen sorgen, ist ein Märchen. Vielmehr sind die gesetzlich abgedeckten Leistungen Beschlüsse des „Gemeinsamen Bundesausschusses“ und haben den Anteil von 95% bei allen gesetzlichen Krankenkassen. Nachweislich neue wissenschaftliche Erkenntnisse einer besseren Krankenversorgung werden von den Funktionären im „Gemeinsamen Bundesausschuss“ aus naheliegenden Gründen viel zu oft blockiert.

Die einzelnen Krankenkassen dürfen für etwa 5% der zu finanzierenden Leistungen unterschiedliche Wettbewerbsangebote anbieten. Die Finanzierungen erfolgen durch alle Mitglieder (Arbeitnehmer, Rentner) einer Kasse durch die neuerdings erhobenen Zusatzbeiträge in der Differenz zwischen dem gesetzlichen Beitragsanteil von 7,3% (AG/AN 14,6%) und dem tatsächlich erhobenen Beitrag von 15,5% oder etwas weniger.
Die bezeichneten Wettbewerbs-Angebote sind bei jeder Krankenkasse unterschiedlich. Hier geht es nicht um eine notwendige Krankenversorgung sondern um Prävention. Beispielhaft sind es : Bonuspunkte (für jährlich 100 Euro) bei Nachweis eines gesunden Lebensstils, also Gesundheitskurse der Ernährung, Bewegung und Entspannung, kostenlose Zahnreinigungen, Akupunktur über gesetzliche Standards, Alternative Arzneien, Autogenes Training, Bachblütentherapie, Reiseangebote, Gesundheitskurse im Urlaub u.va.

Ich möchte gar nicht bestreiten, dass die genannten Präventionen nicht sinnvoll sind. Aber es ist einfach ungerecht, dass die vielen Mitglieder, die für ihre Gesundheit ohne Inanspruchnahme der Krankenkasse gesund leben und Sport treiben, hier die Zeche mitbezahlen müssen. Der Staat hält sich so von Finanzierungen trotz der gesellschaftspolitischen Verpflichtungen heraus und verweist auf Zuständigkeiten der Sozialversicherungen. Die bisher aus dem Bundeshaushalt gewährten Steuermittel als Zuschuss zur Krankenversicherung sind mittlerweile erneut gekürzt worden. Selbst Fremdleistungen und Auslandsleistungen der Kassen sind schon mit dem gegenwärtigen Zuschuss nicht mehr finanzierbar und gehen teilweise bereits zu Lasten der Beitragszahler.

Bei einer von mir vorgenommenen vorsichtigen Schätzung sind bei einer der größten Krankenkasse in Deutschland rund 6000 Mitarbeiter (etwa 35% der Gesamt-Mitarbeiterschaft) überwiegend mit Aufgaben der Mitgliederwerbeaktionen, der Mitglieder-Haltearbeiten unter Einschluss der vorgenannten Angebotsaufzählungen eingesetzt. Hier handelt es sich um Aufgaben, die die Bundesaufsicht einvernehmlich mit der Politik für gerechtfertigt hält! Was für ein Irrsinn an Aufwendungen zu Lasten der Mitglieder.

Dieser Artikel soll zur Aufklärung dienen. Es gibt noch sehr viel andere aufwendige Ausgabenbelastungen, die aber alle vom Gesetzgeber gedeckt sind und nichts mit der Absicherung der Versicherten im Falle seiner Erkrankung zu tun haben. Es ist in absehbarer Zeit nicht damit zu rechnen, dass ein Abbau der unvorstellbaren Bürokratie erfolgen wird. Nicht einmal mit strafferen Strukturen im Gesundheitswesen ist in den nächsten Jahren zu rechnen. Zuviele Lobbyisten bestimmen, wer die Zeche zu zahlen hat – nämlich Bürger/Bürgerinnen, die die Einkommenspflichtgrenze in der Krankenversicherung nicht erreichen.
Günter Steffen, Lemwerder www.guenter-steffen.de März 2015

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Freizeit-Redakteur und Gesundheitsexperte, der viele Jahrzehnte in Ltd. Positionen des Gesundheitswesens tätig war

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