Experten fordern: Bei Krebs sollen Ärzte und Fachkräfte bedarfsadaptierte Bewegungsprogramme empfehlen

Krebs: Individuell zugeschnittene Bewegungsprogramme können Überleben verbessern, Nebenwirkungen lindern und das Risiko senken

Experten fordern: Bei Krebs sollen Ärzte und Fachkräfte bedarfsadaptierte Bewegungsprogramme empfehlen

Hürth-Efferen, 16.10.2019 – Ein internationales Expertenteam hat aktuell Richtlinien zum Thema Bewegung bei Krebs veröffentlicht. Die Bewegungs- und Krebsexperten empfehlen, dass Ärzte und Onkologen ihren Patient*innen zur Krebsprävention und -therapie systematisch Bewegungsmaßnahmen empfehlen und sie zu gezielter Bewegung anleiten. Sport- und Bewegungsfachkräfte sollen die individuell auf die Patient*innen abgestimmten und bedarfsadaptierten Bewegungsprogramme umsetzen. Dabei sollen die persönlichen Bedürfnisse, Vorlieben und Fähigkeiten von Krebsbetroffenen berücksichtigt und deren Lebensqualität verbessert werden. Der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e. V. (DVGS) hat die Arbeit des Gremiums finanziell und inhaltlich unterstützt.

Das Amerikanische College für Sportmedizin (ACSM) hatte die Expertenrunde mit 17 Partnerorganisationen, darunter die American Cancer Society, das National Cancer Institute sowie der DVGS, initiiert. Ziel war, den aktuellen Forschungsstand zum Nutzen von Bewegung in der Prävention von Krebs sowie während der Therapie und in der Nachsorge von Krebspatient*innen zu sichten und evidenzbasierte Empfehlungen abzugeben.

„Bei weltweit mehr als 43 Millionen Krebspatient*innen, die die Erkrankung überlebt haben, müssen wir uns der spezifischen Gesundheitsprobleme dieser Patientengruppe annehmen. Es gilt besser zu verstehen, wie Bewegung bei der Prävention, Behandlung und Nachsorge von Krebs helfen kann“, sagt Dr. Kathryn Schmitz von der ACSM und eine der Vorsitzenden des Expertenpanels. „Die multidisziplinäre Gruppe hochangesehener Bewegungs- und Krebsexperten hat sich zum Ziel gesetzt, die aktuelle wissenschaftliche Evidenz aufzuarbeiten und daraus Handlungsempfehlungen für behandelnde Ärzte und Fachkräfte sowie die Öffentlichkeit abzuleiten.“

Privatdozent Dr. Joachim Wiskemann, der die AG Onkologische Sport- und Bewegungstherapie am renommierten Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg leitet, hat – unterstützt vom DVGS, mit der er und das NCT eng kooperieren – an dem Expertenpanel teilgenommen und u.a. maßgeblich an den Richtlinien für Menschen mit Krebserkrankung mitgewirkt.

„Unsere Auswertung der Studienlage hat gezeigt, dass Überlebende einer Krebserkrankung von körperlichem Training profitieren und dieses vor allen Dingen auch sicher für die Patient*innen ist. Wichtigste Botschaft ist: Betroffene sollten auf jeden Fall körperliche Inaktivität vermeiden. Wir haben ausreichend Belege dafür gefunden, dass regelmäßiges Ausdauer- und Krafttraining, besonders in Kombination, einen positiven Einfluss auf die krebsbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Patient*innen wie Angstzustände, Depressionen, Fatigue, körperliche Einschränkungen und die allgemeine Lebensqualität haben“, fasst Wiskemann Teilergebnisse der Expertenrunde zusammen. „Selbst wenn Ärzte und Fachkräfte Bewegungsmaßnahmen empfehlen, ist es für die Betroffenen nicht immer leicht, den „inneren Schweinehund“ zu überwinden und diesen Programmen ausdauernd zu folgen. Am NCT Heidelberg und Dresden haben deshalb Sportwissenschaftler, Psychologen und Physiotherapeuten aktuell ein spezielles Motivationsprogramm entwickelt, das sich als zentraler Baustein in existierende Sport- und Bewegungsangebote, besonders gut in Rehabilitationssportgruppen, integrieren lässt. Das Programm „MotivA – Meine Motivation für einen aktiven Alltag“ leitet Betroffene dazu an, einen Bewegungsplan zu erstellen, Hindernisse für regelmäßige körperliche Aktivität zu identifizieren und Gegenstrategien zu entwickeln“, ergänzt Joachim Wiskemann.

Kernaussagen der neuen Richtlinien
Die neuen evidenzbasierten Richtlinien beinhalten insgesamt folgende Kernaussagen und Empfehlungen:

– Für Erwachsene spielt Bewegung bei der Krebsprävention eine wichtige Rolle und vermindert insbesondere das Risiko für sieben weit verbreitete Krebsarten: Kolon-, Brust-, Endometrium-, Nieren-, Blasen-, Ösophagus- und Magenkrebs
– Für Überlebende von Brust-, Kolon- und Prostatakarzinomen ist wissenschaftlich belegt, dass körperliche Aktivität mit einer verbesserten Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist.
– Bewegung während und nach einer Krebsbehandlung verbessert Fatigue, Angstzustände, Depressionen, Körperfunktion und Lebensqualität. Es verschlimmert keine Lymphödeme der oberen Extremität (beispielsweise nach Brust-Operation mit Lymphknotenentfernung).
– Die Forschung zum Thema muss intensiviert werden, um die Integration von Bewegung in die Standardtherapie von Krebs voranzubringen.
– Die wachsende Evidenz für den gesundheitlichen Nutzen von Bewegung für Krebspatienten muss verstärkt in die Praxis übersetzt werden.

Die umfassenden Reviews und Empfehlungen der Expertengruppe sind in drei wissenschaftliche Artikel eingeflossen[1-3], die in zwei namhaften Fachzeitschriften erschienen sind.

Systematische Verschreibung von Bewegung durch Ärzte
Mediziner, Sport- und Bewegungstherapeuten sowie Fitness-Trainer sollten die neuen Empfehlungen bei der Umsetzung von Bewegungsprogrammen für Krebspatient*innen und Krebsüberlebende berücksichtigen. Damit die aktuellen Empfehlungen des Fachgremiums in die Praxis gelangen, hat das ACSM mit seiner Initiative „Exercise is Medicine“ eine neues Programm ins Leben gerufen: Moving Through Cancer. Dieses für den klinischen Alltag entwickelte Programm soll sicherstellen, dass alle Krebspatient*innen standardmäßig untersucht, beraten und an angemessene Bewegungs- und Rehabilitationsprogramme überwiesen werden. Ein globales Register für Bewegungsprogramme ist unter www.exerciseismedicine.org/movingthroughcancer zu finden.

In Deutschland: Das Netzwerk OnkoAktiv
Joachim Wiskemann ergänzt einen Hinweis auf ein aktuelles Projekt in Deutschland: „Damit an Krebs erkrankte Menschen und onkologisch beratende Ärzte/Fachkräfte ein geeignetes wohnortnahes Bewegungsprogramm finden können, wird gerade das Netzwerk OnkoAktiv systematisch aufgebaut, an dessen Planung auch der DVGS beteiligt ist. Interessierte können über die Such- und Kartenfunktion ( www.netzwerk-onkoaktiv.de) des Netzwerkes Bewegungs- oder Beratungsangebote in ihrem Umfeld finden oder im direkt mit den lokalen OnkoAktiv Zentrum in Kontakt treten ( www.nct-heidelberg.de/onkoaktiv). Anschließend kann entweder eine Therapie- und Trainingsinstitution direkt kontaktiert werden oder ein qualitätsgesicherter Beratungs-, Untersuchungs- und Vermittlungsprozess angestoßen werden. Interessierte Bewegungsanbieter können dem Netzwerk aktiv beitreten.

Die Ausbildungsangebote des DVGS und die Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie (OTT)
Um die Bewegungsprogramme für Krebspatient*innen qualifiziert anbieten zu können, müssen Sport- und Bewegungstherapeut*innen entsprechend ausgebildet werden. In Deutschland übernimmt diese Aufgabe der DVGS. „Wir bieten qualitätsgesicherte Fortbildungen für Sport- und Bewegungstherapeut*innen im Rahmen der modernen Krebsmedizin und der Gesundheitsförderung an“, erläutert Angelika Baldus, Geschäftsführerin des DVGS. „Unsere Lizenz- und Zertifikatskurse zum Thema Bewegung bei Krebs sowie die Fortbildungskurse „Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie (OTT)“ versetzen die Sport- und Bewegungstherapeut*innen in die Lage, individuelle, zielorientierte Therapieplanungen zu entwickeln sowie eine effektive Bewegungstherapie auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse bei Krebspatienten umzusetzen. Dabei hat das Thema Motivation einen hohen Stellenwert. Wir danken dem Expertenpanel und Joachim Wiskemann, mit dem uns eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verbindet, ausdrücklich, dass sie die wissenschaftliche Evidenz aktuell zusammengefasst und entsprechende Empfehlungen für die Umsetzung ausgesprochen haben“, ergänzt Baldus abschließend.

Originalbeiträge
1. Campbell KL, Winters-Stone KM, Wiskemann J: Exercise Guidelines for Cancer Survivors: Consensus Statement from International Multidisciplinary Roundtable. Medicine & Science in Sports & Exercise 2019; DOI 10.1249/MSS.0000000000002116
2. Patel AV, Friedenreich CM, Moore SC: American College of Sports Medicine Roundtable Report on Physical Activity, Sedentary Behavior, and Cancer Prevention and Control. Medicine & Science in Sports & Exercise 2019; DOI 10.1249/MSS.0000000000002117
3. Schmitz KH, Campbell AM, Stuiver MM: Exercise Is Medicine in Oncology: Engaging Clinicians to Help Patients Move Through Cancer CA Cancer Journal for Clinicians, 2019; 0: 1 -17

Partnerorganisationen
ACSM, American Cancer Society, the National Cancer Institute des National Institutes of Health, American Academy of Physical Medicine and Rehabilitation, American College of Lifestyle Medicine, American Physical Therapy Association, American Society of Clinical Oncology, Canadian Society of Exercise Physiology, Centers for Disease Control and Prevention, Commission on Accreditation for Rehabilitation Facilities, German Union for Health Exercise (Deutscher Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e. V. – DVGS), Exercise and Sport Science Australia, Macmillan Cancer Support, National Comprehensive Cancer Network, Royal Dutch Society for Physical Therapy, Society of Surgical Oncology and Sunflower Wellness

Der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) steht für die Förderung der öffentlichen Gesundheit durch Bewegung. Als Fach- und Berufsverband qualifiziert er Bewegungsfachkräfte und vertritt deren Interessen engagiert in Öffentlichkeit und Gesundheitspolitik. Er fördert Wissenschaft und Forschung und sorgt für die konsequente Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis. Dazu konzipiert er qualitätsgesicherte Programme für die Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation und stellt sie Bildungsstätten, Leistungsträgern, Leistungserbringern oder politische Entscheidungsträgern zur Verfügung.

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Deutscher Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e. V. (DVGS)
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