Kinderkrankheiten sind nichts für Erwachsene

Kinderkrankheiten sind nichts für Erwachsene

(Mynewsdesk) Prof. Dr. med. Klaus Wahle, Arzt für Innere und Allgemeinmedizin / Diabetologiebeantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema. Masern, Mumps, Keuchhusten – von diesen „Kinderkrankheiten“ sind heutzutage immer mehr Erwachsen betroffen. Denn viele Erwachsene haben keinen ausreichenden Impfschutz. Problematisch ist dabei, dass mit zunehmendem Alter auch die Risiken steigen.

Welche Krankheiten verlaufen bei Erwachsenen schwerer als bei Kindern?
Man muss es so formulieren: Das Risiko für schwere Verläufe steigt mit dem Alter deutlich an. Das ist bei den meisten Infektionskrankheiten so, die normalerweise im Kindesalter durchlaufen werden. Keuchhusten und Mumps sind beispielsweise Erkrankungsbilder, die inzwischen in nicht unerheblichem Ausmaß auch bei Erwachsenen auftreten und dann mit Komplikationen einhergehen. Bei Masern hat der Anteil erkrankten Erwachsenen in den letzten Jahren um 30 % zugenommen. Und das mit zum Teil schwerwiegenden Verläufen.

Schwerwiegende Verläufe – was bedeutet das genau?
Masern werden beispielsweise von vielen nur mit rotem Hautausschlag in Verbindung gebracht, aber das ist eine enorme Fehleinschätzung. Das Masernvirus kann das Gehirn befallen und dort eine lebensgefährliche Entzündung, eine Enzephalitis, hervorrufen. Weitere häufige Komplikationen sind Entzündungen der Lunge und des Mittelohrs. Erkrankt ein Erwachsener an Keuchhusten, ist nicht nur starker Husten über einen längeren Zeitraum die Folge. Bei diesem Krankheitsbild können Komplikationen wie Bronchitis, Lungenentzündung oder sogar Rippenbrüche durch starkes Husten auftreten. Mumps führt bei Erkrankung im Erwachsenenalter bei Männern in rund einem Drittel der Fälle zu einer Hodenentzündung, die Unfruchtbarkeit zur Folge haben kann. Weitere mögliche Folgen sind Entzündungen der Hirnhaut und der Bauchspeicheldrüse.

Warum treten solche Komplikationen bei Erwachsenen häufiger auf?
Das hat etwas mit dem Funktionszustand des Immunsystems zu tun, aber ganz genau ist das nicht geklärt. Bei jüngeren Erwachsenen, die vermehrt erkranken, sollte das Immunsystem eigentlich voll aktiv sein. Andererseits gibt es Situationen, in denen das Immunsystem schwächelt; zum Beispiel ist das bei chronischem Stress der Fall. Das könnte eine Rolle spielen.

Und warum erkranken heutzutage mehr Erwachsene an Masern und anderen „Kinderkrankheiten“?
Generell ist es so, dass in Deutschland die Durchimpfungsraten bei Erwachsenen zu niedrig sind. Bei Masern betrifft dies besonders die Altersgruppe der nach 1970 Geborenen. Jeder zweite Deutsche weiß überhaupt nicht, ob beziehungsweise wogegen er geimpft ist – das hat eine Allensbach-Umfrage in 2013 ergeben.(1)

Was empfehlen Sie konkret?
Ich empfehle Erwachsenen dringend, ihren Impfstatus beim Hausarzt überprüfen und die von der STIKO (ständigen Impfkommission) empfohlenen Impfungen durchführen zu lassen. Gegen Diphtherie, Tetanus und ggf. Keuchhusten sollte zum Beispiel alle zehn Jahre eine Auffrisch-Impfung erfolgen. Gegen Masern sollten zwei Impfungen in Folge vorliegen, damit ein wirksamer Schutz besteht. Hierfür wird heute ein Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln verwendet. Auch bei unklarem Impfstatus kann geimpft werden, wobei die Kombi-Impfung gut vertragen wird. Die Kosten bei nach 1970 geborenen Erwachsenen werden von den Krankenkassen übernommen. Gerade bei jungen Erwachsenen dient die Impfung neben dem eigenen Schutz dazu, dass diese „potenziellen Eltern“ nicht zur primären Infektionsquelle des eigenen Neugeborenen werden. Dieses Präventionsangebot sollte man daher unbedingt nutzen!

(1) Institut für Demoskopie Allensbach:Allensbacher Kurzbericht – 15. November 2013

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