Kündigung wegen Eigenbedarf: Tipps für Mieter bei Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf durch den Vermieter

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.

Die Ausgangslage:

Immer mehr Mieter verlieren ihre Wohnung, weil der Vermieter wegen Eigenbedarf kündigt. Manchmal ist der Eigenbedarf nur vorgeschoben. Vermieter nutzen die großzügigen Kündigungsmöglichkeiten, um Mieter, die wegen langer Vertragslaufzeit besonders günstige Mieten haben, loszuwerden und zu einer höheren Miete neu vermieten zu können. In solchen Fällen macht sich der Vermieter schadensersatzpflichtig. Er begeht außerdem unter Umständen einen Prozessbetrug. Der Mieter hat allerdings das Problem, dass er sämtliche Umstände des vorgetäuschten Eigenbedarfs beweisen muss.

Rettungsanker für Mieter:

Kann der Mieter aber Indizien darlegen, die eindeutig gegen den Eigenbedarf sprechen, muss der Vermieter diese in einem späteren Schadenersatzprozess entkräften.

Beispielsfall der aus der Rechtsprechung:

Das Amtsgericht Münster hat einen Vermieter zu Schadensersatz wegen vortäuschen Eigenbedarfs verurteilt. Die Wohnung stand nach Auszug der Mieter eine Weile leer und wurde dann anderweitig neu vermietet. Der Vermieter berief sich darauf, dass seine Tochter aus nachträglich entstanden Gründen die Wohnung nicht mehr benötigte. Sein Problem: er konnte nicht erklären, warum die Wohnung auch in der Zwischenzeit leer stand. So verlor er den Prozess.

Mieter sollten das weitere Schicksal der Wohnung im Auge behalten, hieraus ergeben sich für Mieter folgende Tipps:

Anzeigenmarkt für Mietwohnungen beobachten

Wird ihre Wohnung in Tageszeitungen oder im Internet, zum Beispiel auf Immobilienscout angeboten? Bitten Sie einen Zeugen sich um die Wohnung zu bewerben. Ein wirksames Mittel ist zum Beispiel die Adresse der Wohnung einfach bei Google einzugeben und mit dem Zusatz Wohnung zu vermieten oder ähnlich zu versehen.

Anzeigenmarkt für Wohnungsverkäufe beobachten

Wird ihre Wohnung in Tageszeitungen oder zum Beispiel von Maklern zum Kauf angeboten? In diesem Fall wollte der Vermieter wohl die Wohnung nur günstiger verkaufen. Ein wirksames Mittel ist zum Beispiel die Adresse der Wohnung einfach bei Google einzugeben und mit dem Zusatz Wohnung zu verkaufen, oder zu kaufen oder ähnlich zu versehen.

Das Klingelschild im Auge behalten

Welcher Name taucht auf den Klingelschild auf? Ist das der Name der Person, für die der Vermieter Eigenbedarf angemeldet hat? Lassen Sie Zeugen das Klingelschild fotografieren.

Nachbarn ansprechen: wer wohnt jetzt in der Wohnung?

Ihre Nachbarn wissen sicher, wer jetzt in ihrer Wohnung wohnt. Fragen Sie nach. Auch wenn Sie früher mit ihrem Nachbar nicht gesprochen haben, weil der immer so laute Musik hörte. Solche Erfahrungen wie der Verlust der Wohnung einen erfahrungsgemäß die Gruppe der Mieter eines Hauses. Vielleicht wird sich auch der Nachbar bedroht fühlen und gemeinsames Leid lässt viele frühere Vorbehalte verschwinden.

Blick ins Grundbuch wagen

Wenn Sie nicht mehr Mieter sind, ist das nicht ganz so einfach, da Sie beim Grundbuchamt meistens ein berechtigtes Interesse nachweisen müssen. An sich könnte aber die mögliche Inanspruchnahme des Vermieters ein solches Interesse begründen. Sie sollte hierzu Ihren alten Mietvertrag mitnehmen und die Eigenbedarfskündigung.

Sind während der Kündigungsfrist weitere Wohnungen im Haus freigeworden?

Der Vermieter hat die Pflicht, während der Kündigungsfrist freiwerdenden Wohnraum dem Mieter anzubieten. Wenn Ihnen solche Umstände später bekannt werden, könnte auch dies einen Schadenersatzanspruch begründen. Forschen Sie nach, um darzulegen, was mit der Wohnung letztlich passiert.

Das Amtsgericht Münster geht im Rahmen seiner Entscheidung zunächst ebenfalls davon aus, dass den Mieter die Beweislast dafür trifft, dass ein Eigenbedarf des Vermieters tatsächlich nicht gegeben war, dieser vielmehr nur als Vorwand für die Beendigung des Mietverhältnisses missbraucht wurde.

Zu Gunsten des Mieters ist aber nach Ansicht des Amtsgerichts von einer so genannten gesteigerten Darlegungspflicht des Vermieters auszugehen, wenn der Vermieter nach Auszug des Mieters die behauptete beabsichtigte Eigennutzung nicht in die Tat umsetzt.

In einem solchen Fall liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen ist. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter – auch unter Berücksichtigung des Art. 14 GG – zuzumuten, substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. (AG Münster, Urteil vom 17. Januar 2014 – 61 C 568/13 -, juris).

Fazit:

Zieht der Vermieter, nachdem der Mieter im Zuge der Eigenbedarfskündigung die Wohnung verlassen hat, dort tatsächlich ein, hat der Mieter in der Regel wenig Erfolgsaussichten, den vortäuschen Eigenbedarf an der Wohnung zu beweisen. Zieht der Vermieter allerdings nicht ein, brauchte er einen triftigen Grund, warum die Gründe, die den Eigenbedarf ursprünglich hatten entstehen lassen, nachträglich weggefallen sind. In einem solchen Fall kann der Vermieter nicht einfach die Behauptungen des Mieters bestreiten, sondern er muss substantiiert darlegen, warum ursprünglich Eigenbedarf bestanden hat und warum dieser Eigenbedarf später entfallen ist. Kann er das nicht, verliert er den Prozess und schuldet dem Mieter Schadensersatz.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Vermieter sollten sich immer bewusst sein, dass auch auf der Mieterseite die Aufmerksamkeit für das Vermieterverhalten wächst. Immer mehr Mieter überprüfen nach ihrem Auszug weiter die Wohnung daraufhin, was sich dort dann abspielt. Wenn die Wohnung unmittelbar neu vermietet wird, wird man um Schadensersatz in einem späteren Prozess kaum herumkommen.

Fachanwaltstipp Mieter:

Wer befürchtet, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist, sollte schon bei den Einigungen im Rahmen des Räumungsprozesses mit dem Vermieter vorsichtig sein. Wer hier falsch oder missverständlich formuliert und sich spätere Ansprüche wegen eventuell vorgetäuschten Eigenbedarfs nicht ausdrücklich vorbehält, kann „aus Versehen“ auf seine Ansprüche verzichten.

17.10.2014

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