Serielles Bauen: Wandelemente aus Leichtbeton liefern bauphysikalisch hochwertige und effiziente Lösung
Bauverfahren zu rationalisieren, ist in Zeiten des Wohnungs- und Fachkräftemangels unabdingbar. Serielles und modulares Bauen gilt dabei als effiziente Lösung, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Hilfreich ist die industrielle Vorfertigung von Wandelementen insbesondere deswegen, weil sie auf der Baustelle Zeit und Kosten einspart. Die deutschen Hersteller von Leichtbetonmauerwerk haben zeitig auf den Trend reagiert und ihr Angebot angepasst. So lassen sich mittlerweile auch geschosshohe und raumbreite Wände aus Leichtbeton-Mauerwerk vollständig im Werk vorfertigen. Im Anschluss müssen die Wandelemente nur noch auf die Baustelle transportiert und montiert werden. Mit dieser Form des seriellen Bauens gelingt es, Qualität, Kosten und Zeitaufwand ins Gleichgewicht zu bringen.
Die Bauindustrie steht vor der Aufgabe, Bauverfahren rationeller zu gestalten und mit weniger Fachkräften auszukommen. Eine effiziente Lösung für die Errichtung von Wohnraum ist das Serielle Bauen – also das Bauen mit vorgefertigten Wandelementen. Auch die gezielte Herbeiführung von Skaleneffekten durch standardisierte Abmessungen können zur Senkung der Baukosten beitragen. In zahlreichen Gewerken werden automatisierte Prozesse bereits erprobt und erfolgreich eingesetzt. Mit der nunmehr erwirkten DIBt-Zulassung des Bundesverbandes Leichtbeton e.V. (Z-17.4-1224: „Mauertafeln, hergestellt aus Mauerwerk aus Leichtbeton- und Beton-Planblöcken und -Planelementen“) treffen sie den Puls der Zeit: Da drei von vier Wohngebäuden in Deutschland mit Mauerwerk errichtet werden, könnte die Vorfertigung massiver Wandelemente in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen.
Elemente und Fertigteile aus Leichtbeton
Wie serielles Bauen in der Praxis aussehen kann, demonstrieren Wandsystem-Elemente aus Leichtbetonsteinen. Deren Einsatzmöglichkeiten reichen vom Einfamilienhaus über mehrgeschossige Wohnhäuser bis hin zu Gewerbe- und Industriebauten, die dank des ökologischen Wandbaustoffes besonders nachhaltig und energieeffizient umgesetzt werden können. Dabei lassen sich mit massiven Fertigteilen aus Leichtbeton verschiedene Wandaufbauten herstellen. Monolithische, hochwärmedämmende Außenwände sind ebenso ausführbar wie Wände, die nachträglich mit einem Wärmedämmverbund-System (WDVS) versehen werden. Der Bauerfolg setzt eine exakte Vorausplanung und durchdachte Baustellenorganisation voraus. Liegen die Pläne des Architekten vor, lassen sich detailgenaue Werkzeichnungen erstellen. Auf deren Basis können komplett eingerichtete Rohbauwände bereits im Werk vorgefertigt werden. Die hohe Ausführungsqualität garantiert dabei eine deutliche Fehlerminimierung gegenüber dem konventionellen Aufmauern auf der Baustelle. Produziert und auf Inlader-Paletten verladen, werden die Wandtafeln schließlich gemäß der Reihenfolge ihres Einsatzes auf der Baustelle. Je nach Bauvorhaben lassen sich diese nach individuellen Längen- und Höhenmaßen ausführen. Die Maße richten sich zum einen nach den Vorgaben des Architekten, zum anderen nach der Baustelleneinrichtung und dem Bauablauf. Dabei können die Elemente optional mit Tür- und Fensteröffnungen, Rollladen- und Gurtkästen, Ringankern sowie U-Schalen für nachträglich anzubringende Ringanker und Betonteile ausgestattet sein. Das Mauerwerk wird nach den bauphysikalischen sowie technischen Maßgaben und Erfordernissen errichtet. Hierbei kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz, der Automatisierungsgrad kann dabei stark variieren: Bei der halbautomatischen Fertigung errichten Maurer auf einer Hebebühne die Wände mit maschineller Unterstützung. Sobald die Mauertafel erstellt ist, fährt die Bühne weiter und die nächste Wand kann produziert werden. Bei der zweiten Variante werden die Wandtafeln vollautomatisiert mithilfe eines Roboters errichtet. Die Zuführung der Mauersteine erfolgt in der Regel automatisiert. Die Wände werden auf Trägern platziert, wie bei konventionellem Mauerwerk mit Dünnbettmörtel errichtet und anschließend servohydraulisch in ein Lager transportiert. Der Fertigungsroboter bleibt während des Prozesses stets an Ort und Stelle. Bei beiden Verfahren erfolgt der Mörtelauftrag maschinell.
Vorteile der industriellen Vorfertigung
Gegenüber der herkömmlichen Erstellung tragender oder nichttragender Massivwände ergeben sich auf diese Weise zahlreiche Vorteile. So herrscht bei vielen Bauprojekten ein großer Zeitdruck, dem aufgrund langwieriger Arbeitsprozesse – und eben Personalmangel – oft nicht nachgekommen werden kann. Dass maschinelles Vorfertigen schneller gelingt als manuelles Aufmauern, liegt auf der Hand. Dank des kurzen Produktionsvorlaufs ist die Mauerwerkserstellung effizienter, bietet dem Bauunternehmer mehr Terminsicherheit und aufgrund zeitlicher Spielräume auch mehr Flexibilität. Die fertigen Elemente werden „just in time“ angeliefert und montiert. Die Trocknung und Aushärtung der Fertigteile ist bereits im Vorfeld erfolgt, sodass der Rohbau schnell für Putz- und Ausbauarbeiten parat steht. Ein Großteil der Kosten für Säuberungsarbeiten und den Abtransport von Bauschutt entfallen. Sortenreiner Materialverschnitt kann wieder in die Produktion zurückgeführt werden.
Neben dem Zeitaufwand bleiben auch die Rohbaukosten überschaubar und können exakt kalkuliert werden. Dabei erzeugt serielles und standardisiertes Bauen Skaleneffekte, sodass Kosten nochmals reduziert werden. Schlechtwetterzeiten lassen sich minimieren, da die Vorfertigung witterungsunabhängig erfolgt. Aus der verkürzten Bauzeit und optimalen Materialverwertung ergibt sich wiederum ein Finanzierungsbonus: Da das Objekt früher bezogen oder genutzt werden kann, ist auch ein zeitnaher Kapitalrückfluss möglich. Ein weiterer Pluspunkt ist das hohe Maß an Gestaltungsfreiheit, das auch bei einer massiven Fertigbauweise erhalten bleibt. Zudem kann der Bauherr Musterhäuser auswählen oder Standardmodelle individualisieren. Nicht zuletzt überzeugt die hohe Qualität des ausgeführten Mauerwerks. Dafür sorgt die maschinelle Genauigkeit stets überwachter Produktionsabläufe. Überhaupt erfolgt ein Großteil der Arbeit in überdachten Werkstätten. Facharbeiter steuern in Zukunft also vor allem automatisierte Prozesse und sind weniger der Witterung ausgesetzt. Das maschinelle Versetzen der Fertigteile auf der Baustelle reduziert die körperliche Belastung noch zusätzlich. Arbeitsplätze gewinnen somit an Attraktivität.
Technische Regeln zur Bauteilbemessung: Mauertafeln nach Norm und Zulassung
Die Herstellung von vorwiegend geschosshohen und raumbreiten Fertigbauteilen ist in der DIN 1053-4 geregelt. Darin wird zwischen Mauertafeln (stehende Fertigung) und Vergusstafeln (liegende Fertigung) unterschieden. Mauertafeln werden analog zum herkömmlichen Mauerwerk aus Steinen und Mörtel gefertigt. Alle genormten und für die Bemessung nach DIN EN 1996 EC6 geregelten Mauersteine sowie zugelassenen Steine, deren Verwendung nach DIN 1053-4 geregelt ist, sind hier einsetzbar. Zudem dürfen zur Vorfertigung alle Mörtelarten verwendet werden, die auch auf der Baustelle zum Einsatz kommen – mit Ausnahme der Normalmörtel Gruppe I und II. Werden die Wandtafeln nach DIN 1053-4 mit Normalmörtel (Fugendicke 12 mm) hergestellt, ist für Transport und Montage eine ausreichend bemessene Bewehrung in den Lagerfugen erforderlich. In der Praxis werden dazu regulär jeweils zwei Bewehrungsstäbe am Mauertafelkopf und -fuß angebracht. Andere Bewehrungsarten, beispielsweise mit Gewebeeinlagen, kommen im Fall von Dünnbettfugen zum Einsatz. Die Sicherheit in Bezug auf Rissbildung und Biegetragfähigkeit muss dabei stets gewährleistet sein.
Verbunden werden die Mauertafeln untereinander durch stumpfen Stoß, wobei die Fuge dazu dient, mögliche Herstellungs- oder Montagetoleranzen auszugleichen. In jedem Fall ist sie voll zu vermörteln. Die Festigkeit des Fugenmörtels sollte dabei 5 N/mm2 nicht unterschreiten. Hier liegt die Regelfugenbreite aF bei 30 Millimetern zu- oder abzüglich von jeweils +/- 5 Millimetern Fugen- und Montagetoleranz (vgl. Abbildung 1). Weitere Anforderungen an die Fugenkonstruktion hängen von der Beanspruchung ab. So müssen beim Zusammenfügen zweier Wandtafeln zu einer Wandscheibe gegebenenfalls auch statische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Wirken keine horizontalen Kräfte, sind keine weitere Maßnahmen nötig. Zur Aussteifung können aber zusätzlich eine Schlaufenbewehrung als Rundstab oder Seilschlaufe zum Einsatz kommen. Bei statisch beanspruchten Vertikalfugen müssen die Schubkräfte in der Fuge mittels Bewehrung weitergeleitet werden. Diese darf auf Deckenhöhe über obere und untere Ringanker zusammengefasst werden – vorausgesetzt, eine Mauertafel erreicht in der Breite das Maß der Geschosshöhe. In der Praxis ist dieses Vorgehen aber nur selten erforderlich.
Herstellung von Mauertafeln aus Leichtbeton im Detail
Wie die Produktion von massiven Mauertafeln aus Leichtbeton erfolgen muss, ist der jeweiligen bauaufsichtlichen Zulassung bzw. Bauartgenehmigung zu entnehmen. Die Wandelemente werden im Werk stehend hergestellt. Dazu sind die benötigten Steine und ggf. Zuschnitte (Passstücke) so zu lagern und zuzuführen, dass sie der „Mauerroboter“ ungehindert greifen und in den vorher aufgetragenen Dünnbettmörtel versetzen kann. Dabei darf das Mauerwerk ohne Bewehrung ausgeführt werden. Für jede Mauertafel sind die exakten Planungsunterlagen entsprechend des vorhabenbezogenen Element- und Versetzplans mit Angabe der Lage der Aufhängepunkte hinzuzuziehen. Die Dicke der Mauertafel muss der jeweiligen Steinbreite entsprechen. Die Mindestlänge von 1.250 mm darf nur bei Pfeilern und Passstücken unterschritten werden. Zum Schutz der Kanten im Fußbereich sind Kantenschutzwinkel anzubringen. Art und Abmessungen der Winkel sind dabei für jeden Einzelfall zu ermitteln – abhängig vom Gewicht der Tafeln und den im Lasteinleitungsbereich des Bauteils aufnehmbaren Beanspruchungen.
Auch bei der statischen Berechnung von Mauertafeln gilt es einige Aspekte zu beachten. Unter anderem müssen die Wände stets an ihrer Ober- und Unterseite horizontal durch Ringbalken oder statisch gleichwertige Maßnahmen wie aussteifende Deckenscheiben gehalten sein. Bei nicht raumbreiten Mauertafeln, die rechtwinklig zu ihrer Ebene belastet werden, dürfen Biegezugspannungen nicht in Rechnung gestellt werden. Ist ein rechnerischer Nachweis der Aufnahme dieser Belastung erforderlich, so darf eine Tragwirkung nur rechtwinklig zu den Lagerfugen unter Ausschluss von Biegezugspannungen angenommen werden. Bei der Bemessung der Mauertafeln sind die Beanspruchungen aus Lagerung, Transport, Montage und Bauzuständen zu berücksichtigen.
Sicheres Transportsystem
Grob lässt sich sagen: Verschiedene Systeme können einen sicheren Transport von Mauertafeln auf die Baustelle gewährleisten. Dafür benötigen massive Fertigwände eine spezielle Vorrichtung in Form von Mauerwerksankern oder anderen Hebehilfen. Bei der ersten Variante erfolgt der Transport mittels einer Kopf-Traverse, die auf der oberen Steinreihe der Mauertafel befestigt ist. Dabei umspannen Hebebänder, die gemäß der Zulassung Z-17.4-1224 in Abständen von maximal 1.250 Millimetern anzubringen sind, die gesamte Wandtafel inklusive Kopf-Traverse. Letztere ist an Aufhängepunkten mit einer Krantraverse verbunden, sodass die gesamte Wandtafel problemlos an den gewünschten Platz auf der Baustelle transportiert werden kann. Aber auch am unteren Teil der Mauertafeln werden Sicherungsmaßnahmen getroffen, etwa mithilfe von horizontalen Sicherungsbändern oder eines Kantenschutzes, der die Beanspruchung ausgleicht, die an den unteren Kanten durch die einwirkende Drucklast entsteht.
Bei der zweiten Transport-Variante wird die Kopf-Traverse durch eine Ausgleichstraverse ersetzt. Diese ist über Kopfformteile mit einer Holzbohle (d = 40 Millimeter) verbunden, die auf der oberen Steinreihe der Wandtafel liegt. Auch hier kommen zur Umspannung und Absicherung des gesamten Wandelementes vertikale und horizontale Hebe- bzw. Sicherungsbänder zum Einsatz. Doch egal, ob der Transport über Kopf- oder Ausgleichstraversen erfolgt: Bei beiden Varianten sind erhöhte Anforderungen an Sicherheit und Arbeitsschutz zu beachten. Beschrieben sind diese im Abschnitt 9 der der DIN 1053-4. Zusätzlich belegt ein RAL-Gütezeichen die Transportsicherheit der Elemente.
Montage und Putzarbeiten
Ehe die Montage erfolgen kann, müssen die Elemente mit dem Bauplan abgeglichen und richtig zugeordnet werden. Gezielte Ablaufpläne für Bauunternehmer sind hilfreich, um die Logistik auf der Baustelle zu gewährleisten. Versetzt werden die Fertigteile mit Hilfe einer Aufhängevorrichtung. Erforderlich sind dafür etwa drei Facharbeitskräfte. Das Versetzen sollte langsam und ohne ruckartige Bewegungen erfolgen. Dabei müssen die Wandtafeln in einer waagerechten Position gehalten werden. Nachdem sie in der richtigen Lage vollflächig im Mörtelbett abgesetzt wurden, erfolgt die lotrechte Ausrichtung durch verstellbare Montagestützen. An mindestens zwei Stellen sind Schrägstützen anzubringen. Jedes Element sollte dabei auf zwei Auflagerpunkte aufgesetzt werden, um eine genaue Höhenlage zu erreichen. Unterlegeplatten können dabei hilfreich sein. Erst wenn der Vergussmörtel in den Montagefugen ausreichend ausgehärtet ist, kann das Bauteil entsichert werden. Die Standsicherheit wird außerdem durch seitliche Verbindungen, Ringbalken oder Deckenauflager erreicht. Anschließend lassen sich die im Fenster- und Türbereich angebrachten Transportbewehrungen entfernen. Auf diese Weise montieren drei Facharbeiter bis zu vierzig Wandelemente täglich.
Für Mauerwerk aus Leichtbeton-Fertigteilen gelten in Bezug auf weiterführende Putzarbeiten die gleichen Anforderungen wie für herkömmliches Mauerwerk. Wurden die Mauertafeln fachgerecht montiert und verfugt, bietet sich ein homogener Putzgrund. Mögliche Fehlstellen, die beispielsweise durch den Transport entstanden sind, lassen sich problemlos mit Leichtmörtel beheben. Mischmauerwerk ist bei der industriellen Vorfertigung ohnehin ausgeschlossen. Die werkseitige Ausführungsqualität verspricht hingegen vollfugige und maßgenaue Wandflächen. Im Bereich der Montage-Stoßfugen empfiehlt sich eine Putzarmierung. So wird im Bereich der vertikalen Fugen ein Armierungsgewebe mit beidseitiger Überlappung von etwa 125 Millimetern zuzüglich der Fugendicke aufgebracht. Wie bei herkömmlichem Mauerwerk lässt sich der Putzmörtel ohne Vorbehandlung des Putzgrundes auftragen. Eine Kombination aus Unter- und Oberputz schützt das Mauerwerk in bewährter Weise vor Witterungseinflüssen und lässt sich gemäß der Vorstellung des Bauherrn individuell gestalten.
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