Mit Schreiben vom 30.10.2014 hat sich der BVFI – Bundesverband für die Immobilienwirtschaft an alle Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gewandt.
Die Abgeordneten wurden gebeten, gegen die Einführung des Bestellerprinzips zu votieren. Die nahezu gleichlautenden Antworten belegen, dass der Kern des Problems gar nicht verstanden wurde.
1. Die Aussage „Wer bestellt bezahlt“ ist im Zusammenhang mit der Maklertätigkeit populistisch und in ihrer Auslegung falsch, denn ganz überwiegend ist der Mieter (!) der Besteller der Leistung!
a) Juristische Betrachtungsweise:
I. Unter „Bestellung“ wird die Aufforderung eines Kunden/Interessenten an einen Hersteller, Händler oder Dienstleister zur Bereitstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung verstanden. Die Bestellung mündet in den meisten Fällen in ein Vertragsverhältnis, durch das sich beide Seiten zur Erfüllung der gegenseitigen Vereinbarungen verpflichten.
II. Exakt in diesem Sinne hat der BGH am 03.05.2012 entschieden. Demnach ist in einer Zeitungs- oder Internetanzeige des Maklers noch kein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags zu sehen, denn bei solchen Inseraten handelt es sich um eine „invitatio ad offerendum“, also eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes. Weist der Makler in einem Zeitungs- oder im Internetinserat eindeutig auf die fällig werdende Maklerprovision hin, so dass der Interessent von einer eigenen Provisionspflicht ausgehen kann, und erhält er auf seine daraufhin erfolgte Anfrage (= Angebot des Interessenten auf Abschluss eines Maklervertrages) Name und Anschrift des Verkäufers (= Annahme des Angebotes durch den Makler), so kommt (erst dann!!) der Maklervertrag zustande (BGH 03.05.2012 – AZ: II ZR 62/1). Ergo:
1. Der Mieter ist unmittelbar der Besteller!
2. Das beabsichtige Bestellerprinzip verstößt gegen höchstrichterliche Rechtsprechung.
3. Eine Einführung des Bestellerprinzips provoziert Verfassungsklagen!
b) Sachliche Betrachtungsweise
Die Rechtsprechung ist mieterfreundlich. Nur selten kann es überhaupt zu wirksamen Kündigungen durch den Vermieter kommen. In nahezu allen Fällen ist daher der Mieter (in diesem Falle der ausziehende) der Auslöser dafür, dass ein neuer Mieter gefunden werden muss. Mittelbar ist also wiederum der Mieter der Verursacher, man könnte sogar sagen, der Besteller!
2. Das Bestellerprinzip hat erhebliche Nachteile für den Mieter!
I. Bisher war der Makler Vermittler zwischen 2 Parteien. Er sorgte für Ausgewogenheit; zuweilen hatte er die Funktion eines Mediators inne. Künftig hat er ein Mandat vom Vermieter. Vermieter und Makler könnten gegen den neuen Mieter wie ein „Bollwerk“ auftreten, wodurch der meist unerfahrene Mieter in die Defensive gedrängt werden könnte. Denken Sie nur an die möglichen, einseitigen Auslegungen des Mietvertrages, wie z.B. bei den Renovierungspflichten, den Schönheitsreparaturen, dem Ausschluss der Kündigung bis zu einem Zeitraum von max. 4 Jahren, den Mieterhöhungen in Form der Staffel- oder Indexmiete, der Tierhaltung bis hin zum unterschätzten Übergabeprotokoll.
II. Viele Umzüge des Mieters sind beruflich bedingt. Nicht wenige Arbeitgeber übernehmen die Umzugskosten und damit auch die Maklergebühren. Tun sie es nicht, kann der Mieter diese Kosten steuerlich geltend machen. Kommt das so (falsch) genannte Bestellerprinzip, dann wird die Maklerprovision ohne steuerliche Abzugsmöglichkeit in die Miete inkludiert. Der Mieter zahlt also bis zum letzten Tag seines Auszuges, und bis dahin können Jahre vergehen, die erhöhte Miete, was weitaus mehr an Kosten verursacht, als die Maklerprovision.
3. Mit dem sog. Bestellerprinzip setzt die SPD ihren Parteitagsbeschluss aus dem Jahr 1973 um!
Im Jahr 1973 fasste die SPD, die wahrlich nicht als Hüter unternehmerischer Entfaltungsfreiheit gesehen werden kann, in Hannover den Parteitagsbeschluss „Makler weg!“. Der Umsetzung des sog. Bestellerprinzips fallen ca. 10.000 Maklerexistenzen zum Opfer und mindestens nochmals so viele Arbeitsplätze. Mit dem Koalitionspartner FDP hatte sich die Union wirksam dagegen gewandt. Jetzt fällt sie auf die List der SPD herein. Welcher Beruf wird dann als nächstes verboten, weil irgendwo ein sozialdemokratischer Wähler einen Nachteil zu haben scheint? Wo bleibt der Aufschrei der Union?
4. Bundesjustizmister Heiko Maas schaltet selbst einen Wohnungsvermittler ein und lässt den Mieter die Provision bezahlen!
Was sich Bundesjustizminister Heiko Maas erlaubt hat, spottet jeglichen Hohn! Seit Beginn seiner Amtszeit müssen sich Makler als die Verursacher aller möglichen Missstände brandmarken lassen. Jetzt stellt sich heraus, dass der Bundesjustizminister selbst „mit gutem Beispiel vorangegangen ist“, einen Wohnungsvermittler bei der Vermietung seines Hauses in Saarlouis eingeschaltet und der Mieter die Maklerprovision bezahlt hat. Besser kann man nicht mehr darlegen, dass hier einer Wasser predigt aber Wein trinkt. Würde sich jetzt noch herausstellen, dass der Bundesjustizminister mit der Miete die Grenze des Möglichen gegangen ist, dann wäre das „MAAS“ voll. Ein Rücktritt wäre nicht mehr zu vermeiden.
5. Das sog. Bestellerprinzip löst kein einziges Problem!
I. Mit der Einführung des sog. Bestellerprinzips wird keine einzige Wohnung mehr gebaut, keine einzige Wohnung steht in Hamburg, Köln oder München den Mietern mehr zur Verfügung, keine einzige Warteschlange von Mietinteressenten wird kürzer!
II. Es ist immer wieder von „angespannten „Wohnungsmärkten“ die Rede. Diese Situation mag es, zudem selektiv, in München, Hamburg, Berlin oder Köln geben. Aber sie kann doch nicht auf die ganze Republik übertragen werden. Und ich wiederhole mich: Das sog. Bestellerprinzip löst die Anspannung nicht!
III. Im Übrigen handelt es sich um eine ganze normale marktwirtschaftliche Entwicklung. Fragen viele Menschen nach einer Dienstleistung oder einem Produkt, verknappen sie den Markt, was zu einer Preissteigerung führt. Wollen viele Menschen in Hamburg an der Alster oder in München am Stachus wohnen und gibt es diese Wohnungen nicht in der erforderlichen Anzahl, dann steigt die Miete. Ist doch logisch, oder? Das marktwirtschaftliche Prinzip funktioniert eben!
IV. Wenn Sie schon den Mieter in angespannten Wohnungsmärkten schützen wollen, dann müssten Sie auch den Vermieter in den „unangespannten“ Wohnungsmärkten schützen. Diese gibt es nämlich zuhauf. In diesen Gegenden sind Wohnungen nur sehr schwer vermietbar. Wer hilft diesen Vermietern und gibt diesen einen Zuschuss? Denn nach aktuellen Untersuchungen erleiden 1/3 der Vermieter Verluste!
Ergo:
Das sog. „Bestellerprinzip“ verfehlt allenthalben sein Ziel!
6. Wir verstehen die wohlgemeinte Absicht der Politik und haben zwei Vorschläge!
a) Ausgewogen betrachtet kommen wir zu dem Ergebnis, dass Vermieter und Mieter gleichermaßen Vorteile von der Einschaltung eines Wohnungsvermittlungsmaklers haben. Daher halten auch wir die jetzige (einseitige) Regelung der WoVermG für nicht gerecht. Allerdings, und darauf gilt es hier im Besonderen hinzuweisen, ist nicht der Makler der Verursacher dieses Problems, sondern die Politik. Sie ist auch dafür verantwortlich, dass das seit über 100 Jahren bestehende Gesetz über „Mäkler“ (ja, so bezeichnet noch heute das BGB den Makler) nicht novelliert und den Gerichten die Auslegung überlassen wurde.
b) Wir schlagen daher eine Teilung der Maklerprovision vor, wonach der Vermieter und der Mieter jeweils eine Monatsmiete an Provision zu bezahlen haben. Sollte der Makler vom Vermieter eine niedrigere Provision verlangen, so würde sich nach unserem Vorschlag die Provision des Mieters in gleicher Weise reduzieren.
7. Der Koalitionsvertrag beinhaltet auch das Verlangen nach einem Sachkundenachweis!
Bestellerprinzip, Bestellerprinzip, Bestellerprinzip … Warum gehen die Koalitionäre nicht mindestens so zielstrebig an die Einführung des Sachkundenachweises, für den wir hier mit aller Intensität plädieren?
61% der Deutschen halten Immobilienmakler grundsätzlich für wichtig, doch sie haben Schwierigkeiten, seriöse von unseriösen Maklern zu unterscheiden. Sie wünschen sich deshalb einen verpflichtenden Qualifikationsnachweis. Das ist das Ergebnis einer bevölkerungsrepräsentativen Studie des Internetprotals „www.anlageimmobilien.de“.
Fehlt diesem Thema die populistische Aufmerksamkeit?! Für alle möglichen Dienstleistungen müssen Sachkundenachweise erbracht werden, nur für den Maklerberuf bisher nicht. In nahezu allen anderen europäischen Ländern ist der Maklerberuf ein sehr angesehener. Zuweilen darf der Makler sogar als Notar tätig sein, eben weil es dort ohne Sachkundenachweis keinen Zugang zu diesem ehrenwerten Kaufmannsberuf gibt. In Deutschland reichen ein Führungszeugnis ohne Eintrag, einige Hundert Euro für die Gewerbeerlaubnis nach § 34c der GeWO und – Gottvertrauen. Dabei sind Immobilienmakler an der Transaktion wertvollster Güter beteiligt. Das darf nicht länger so sein.
Sehr geehrte Damen und Herren der Union! Ich appelliere an Ihre Vernunft. Versagen Sie diesem „Bestellerprinzip“ Ihre Zustimmung und konzipieren Sie eine Lösung, die Vermietern und Mietern gleichermaßen gerecht wird. Gerne stehe ich Ihnen dafür zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Helge Norbert Ziegler
(Vorstand)
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