Deutschen Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW): Der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegte Maßnahmenkatalog geht in die richtige Richtung, muss aber um Wesentliches ergänzt werden.
Bonn, 08.05.2024 – Der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) letzte Woche vorgelegte Maßnahmenkatalog stieß auf deutliche Kritik unterschiedlicher Verbände und Organisationen. Auch das DPNW sieht Defizite in der Vorlage, will aber konstruktiv an einem Konzept mitarbeiten, um das Thema zeitnah in Gesetzesform bringen zu können.
Der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler meint: „Endlich wird das Thema ernstgenommen. Die Prävention muss aber schon sehr viel früher ansetzen. Den Zugang zu Bahngleisen oder Hochhäusern zu sperren, greift zu kurz. Sinnvoll und nachhaltig ist ein Konzept, das schon bei den ersten Zweifeln am eigenen Leben, also noch vor der Verzweiflung ansetzt.“ Adler kritisiert weiter: „Die Studie „Suizidprävention Deutschland“ wurde im August 2021 veröffentlicht. Jetzt folgt ein erster Ansatz der Umsetzung. Das muss schneller gehen. Zeit ist ein lebenswichtiger Faktor.“
Das DPNW hat folgende Forderungen für eine nachhaltige Suizidprävention:
1. Eine bundesweite Kampagne „Zweifel am eigenen Leben – lebensmüde?“, mit der Möglichkeit, sich an Beratungsstellen, Präventionsgruppen oder Psychotherapeuten zu wenden. Diese Aufklärungskampagne sollte auf die gesamte Bevölkerung abzielen, denn Achtsamkeit muss und sollte nicht bei der eigenen Person enden. Alle sollten für das Thema mobilisiert werden. Man darf und sollte auch ein Auge für den einsamen Nachbarn haben. Das Thema muss schon bei den ersten Gedanken an Selbstmord oder Zweifeln am eigenen Leben anpacken, nicht erst, wenn Betroffene „an der Brücke stehen“.
2. Die Themen Depression und Sucht müssen essentieller Bestandteil bei der Betrachtung von Suiziden sein, um an den Wurzeln ansetzen zu können. Dazu braucht es insbesondere auch in Schulen eine so breite Initiative, dass die Psyche ein Alltagsthema wird und so aus der Diffamierungsecke herauskommt, „salonfähig“ wird. Depressionen und Sucht sind häufige Ursachen für Suizidgedanken und Suizide.
3. Nicht nur Personen, die mit „lebensmüden“ Menschen zu tun haben, sollten adäquate Schulungen bekommen, das Konzept gehört auch in die Schulen. „Denn wir haben zwei Suizidwellen: in der Jugend und im Alter.“ So der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler
4. Die Maßnahmen und das Gesetzesvorhaben müssen schnell umgesetzt werden. „Wenn täglich in Deutschland 27 Menschen an Suizid sterben, zählt jeder Tag“, meint Dieter Adler.
5. Aus Sicht des DPNW müssen die Rollen im Konzept klar zugewiesen werden. Es muss allen Beteiligten klar sein, an welchen Stellen niederschwellige Maßnahmen ausreichen (Telefon, Online-Chat) und ab welchem Zeitpunkt professionelle Hilfe (Psychotherapeuten) in Anspruch genommen werden sollte.
Abschließend äußert Adler: „Wir begrüßen, dass die lange überfällige Suizidprävention nun endlich angegangen wird. Wir reichen unsere Hand, um möglichst schnell zu Ergebnissen zu gelangen. Wir sind der Überzeugung, dass ohne Einbeziehung der Psychotherapie und aller anderen helfenden Stellen kein nachhaltiges Konzept herauskommen kann. Wir benötigen eine gemeinsame Anstrengung, die lebensmüden Menschen noch zur rechten Zeit zu erreichen, damit ihre Lebensgeschichte nicht an Bahngleisen oder Hochhäusern enden muss.“
Zahlen
1,3 Prozent der Bevölkerung sind derzeit in Psychotherapie. Untersuchungen zeigen, dass bis zu 25 Prozent der Bevölkerung Hilfe brauchen würde. 1 Prozent der Gesamtkosten der gesetzlichen Krankversicherungen werden für ambulante Psychotherapie ausgegeben. 27 Prozent der Praxen im ambulanten Bereich arbeiten psychotherapeutisch.
Über den Verband
Das „Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk – Kollegennetzwerk Psychotherapie“ (DPNW) wurde am 02.05.2019 in Bonn gegründet. Es hat über 2.300 Mitglieder und 13.000 Abonnenten seines Freitags-Newsletters. Damit ist das DPNW drittgrößter Berufsverband im Bereich Psychotherapie. Der Vorstand besteht aus: 1. Vorsitzender: Dipl.-Psych. Dieter Adler, 2. Vorsitzende: Dipl.-Psych. Claudia Reimer, D
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