Für die Antike war Kypros, die Kupferinsel, also das heutige Zypern, der Geburtsort der Schönheitsgöttin Aphrodite. Aus dem Schaum des Meeres stieg sie als nackte Schönheit an Land.
Von ihrer Berührung blühte die Natur, in der sogar Orchideen wild wachsen. Daher wurde ihr Altar auch stets mit frischen Blumen geschmückt. Kein Blut von Opfertieren durfte ihn beflecken. Aber es gab auch den Kult einer »vulgären« Aphrodite, Schirm Herrin der Dirnen und der Tempel-Prostitution, und als der Apostel Paulus, der weder nackt noch schaumgeboren an Land gestiegen war (46 n. Chr.), gegen dieses heidnische Treiben wetterte, wurde er von den Bauern verprügelt, die um ihre eigene und der Felder Fruchtbarkeit besorgt waren. Inzwischen hat die Madonna persönlich einige Aufgaben der Aphrodite mit übernommen, und eine Kirche in der Gegend von Paphos ist geradezu der »Madonna Aphroditissa« geweiht.
Zypern wurde von Homer und Hesiod besungen
Auf Zypern haben die Philosophen Solon und Zenon gelebt- Zenon, der Begründer der stoischen Philosophie, die noch heute Dichter und Denker fasziniert, weil sie die Größe fordert, die sich dem Schicksal stellt, und alles, was das Schicksal bringt, bejaht. Auf Zypern war Cicero, der Freund aller Lateinschüler, römischer Statthalter. Der Dichter Rimbaud und Seferis, der Nobelpreisträger, haben hier zeitweise gelebt, und Lawrence Durrell war eine Art Werbe-Chef des englischen Gouverneurs.
Niemand hat die Hassliebe zwischen Zyprioten und Engländern ergreifender dargestellt als Durrell in seinem Zypern-Buch »Bittere Limonen«. Von ihm stammen auch so schöne Landschaftsschilderungen wie die von »seinem« Dorfe Bellapaix bei Kyrenia: »Ich wusste bereits, dass das verfallene Kloster von Bellapaix eines der bezauberndsten gotischen Überbleibsel der Levante ist, aber ich war nicht auf die atemberaubende Harmonie mit dem kleinen Orte gefasst, der es an der Flanke der Berge umfängt und wiegt. Vor der letzten Steigung beginnt die Straße sich durch eine Landschaft voller Orangen- und Zitronenbäume zu schlängeln, in der überall Wasser rieselt und rauscht…«
Politische Auseinandersetzungen zwischen Griechen und Türken haben manche Reisepläne durchkreuzt. Zurzeit aber wächst die Zahl derer, die Zypern als Traumreiseland entdecken, stark an.
Ein Blick auf das Gestern, um das Heute zu verstehen
Zypern liegt im hintersten nordöstlichen Zipfel des Mittelmeeres und ist nach Sizilien und Sardinien dessen drittgrößte Insel. Hier gibt es Täler, die fruchtbarer sind als im griechischen Mutterland, aber auch schroffe Berggipfel.
Das Land ist von zwei parallel laufenden Gebirgsketten durchzogen: dem Fünffingergebirge im Norden und dem Troodosgebirge im Süden. Auf dem 2000 Meter hohen Olympos wird im Winter eifrig Ski gefahren.
Nach Ablauf der Bronzezeit hat Zypern seine Herren oft gewechselt. Erst waren es die Ägypter (1500 v. Chr.), dann die altgriechischen Achäer (1350 v. Chr.), um 800 vor Christus die Assyrer, es folgten zwei Jahrhunderte unter persischer Herrschaft (525 bis 333 v. Chr.), dann beherrschten es Alexander der Große von Makedonien und seine Nachfolger, es schlössen sich an: viereinhalb Jahrhunderte römischer und acht Jahrhunderte byzantinischer Herrschaft, dann drei Jahrhunderte unter einem eigenen Königsgeschlecht (Lusignan), das allerdings französischer Herkunft und von dem Engländer Richard Löwenherz mit Zypern belehnt worden war. Acht Jahrzehnte lang gehörte die Insel den Venezianern (1489 bis 1570), drei Jahrhunderte lang oden Türken (1570 bis 1878); seitdem stand es unter englischer Verwaltung, und 1960 wurde Zypern eine Republik, die wirtschaftlich ein Mitglied des Commonwealth ist und Sitz und Stimme im Europarat hat.
Von der halben Million Einwohner Zyperns sind rund 80 % Griechen und 18 % Türken. Viele von den Griechen sind für den Anschluss an Griechenland (Enosis); die Türken möchten dann mit der Teilung der Insel kontern.
Man verzeihe mir diesen geschichtlichen Exkurs; aber ohne dieses Minimum an Information bleibt man in Zypern in Unverständigkeit befangen, etwa wenn man die Selimiye-Moschee sieht – französische Gotik der ehemaligen Kathedralenfenster von zwei nadelspitzen Minaretten flankiert -, wenn man den Palast des Erzbischofs schon einmal in Venedig gesehen zu haben meint, wenn man die Kultstätten der Aphrodite nicht weit von einem der wichtigsten Wallfahrtsorte der Mohammedaner liegen sieht… –> Reisebericht Zypern
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