Schimmelpilzbildung in Mieträumen: Welches Heizverhalten schuldet der Mieter?

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.

Die Ausgangslage:

Wenn sich in Mieträumen Schimmelpilz bildet stellt sich schnell die Frage nach der (Mit-)verursachung durch den Mieter. Der Ursachenbeitrag des Mieters kann sowohl in einem fehlerhaften Lüftungsverhalten, aber auch in einem fehlerhaften Heizverhalten liegen. Zum Vermieter geschuldeten Heizverhalten gibt es wie zum geschuldeten Lüftungsverhalten eine Vielzahl von teilweise sehr unterschiedlichen Gerichtsentscheidungen. Nachfolgend stelle ich hiervon einige vor und leite davon ausgehend die Anforderungen an das Heizverhalten ab. Die Urteile beziehen sich auf Fälle, in denen der Mieter nicht auf ein gesondertes Heizverhalten hingewiesen wurde bzw. Anforderungen an ein gesondertes Heizverhalten nicht gesondert vereinbart wurden. Derartige Vereinbarungen finden sich zunehmend in Mietverträgen oder als Anlage zu solchen. Obwohl ich der Meinung bin, dass solche Vereinbarungen immer auch noch einer Klauselkontrolle auf Wirksamkeit hin unterzogen bzw. unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit überprüft werden müssen, können sich im Zweifel daraus verstärkte Anforderungen ergeben. Dazu siehe dann auch unten meine weiteren Ausführungen.

Urteile zum Heizverhalten (geschuldete Temperaturen):

Landgericht Heidelberg: Dem Mieter ist es zur Vermeidung von Schimmelbildung zwar zumutbar, täglich viermal effektiv zu lüften. Reicht dies bei einem Schlafzimmer aber nur unter der Bedingung aus, dass der Mieter kontinuierlich auf einen Tagesmittelwert von 20 °C heizt, entspricht dies nicht mehr einem üblichen und vertragsgemäßen Gebrauch, der darin besteht, die Temperatur während der Nachtzeit absinken zu lassen. Ein „Kompensationsheizen“ auf Werte über 20° tagsüber ist dem Mieter ebenso wenig zumutbar wie das andernfalls notwendige mehr als viermalige Lüften (LG Heidelberg, Urteil vom 21. Januar 2013 – 5 S 99/11 -, juris).

Landgericht Bonn: Sofern der Vermieter bei Vertragsschluss keinen (vom Mieter jedenfalls stillschweigend akzeptierten) Hinweis auf ein notwendiges, gesteigertes Heiz- und Lüftungsverhalten erteilt, ist in der Regel von einem vertraglich geschuldeten Heizverhalten mit dem Ergebnis von ca. 17 – 20 Grad Celsius Raumlufttemperatur und von einem geschuldeten Lüftungsverhalten in Gestalt von zweimaligem (morgens/abends) Stoß- oder Querlüften für jeweils ca. 10 Minuten auszugehen. Ein darüber hinausgehend geschuldetes Heiz- und Lüftungsverhalten kann sich lediglich aus Besonderheiten der Nutzung ergeben, die den Mietern zuzurechnen wäre, wie etwa Wäschetrocknung in der Wohnung, wodurch eine Zusatzlüftung nach dem Trocknen erforderlich wäre. (LG Bonn, Urteil vom 13. September 2012 – 6 S 69/12 -, juris).

Landgericht Bonn: Ohne besondere Vorgaben hält sich die Beheizung der Wohnung mit einer Durchschnittstemperatur von 18 °C noch im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs des Mieters i.S.d. § 538 BGB. Dies steht nicht im Widerspruch zur Pflicht des Vermieters, dem Mieter eine Durchschnittstemperatur über 18 °C zu ermöglichen. Daher hat ein Mieter Schäden (hier: Feuchtigkeits- und Schimmelschäden) auch dann nicht zu vertreten, wenn diese teilweise auf die Beheizung der Wohnung mit einer Durchschnittstemperatur von 18 °C zurückzuführen sind. Folglich führt dieses Heizverhalten weder zu einem Ausschluss des Anspruchs Mieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB, noch muss er sich eine Mitverursachung der Schäden nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB anrechnen lassen (LG Bonn, Beschluss vom 24. Oktober 2011 – 6 S 79/11 -, juris).

Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg: Dass 17-19°C zu niedrig sind, insbesondere in einer Wohnung, die über einem unbeheizten Keller liegt und in der schon einmal Schimmel aufgetreten ist, ist allgemein bekanntes Mieterwissen, über das der Durchschnittsmieter verfügen muss. Eine weitere Belehrung durch die Vermieterin war insoweit nicht erforderlich. Ein Defekt der Heizung ist nicht ersichtlich (AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 24. April 2012 – 7 C 326/10 -, juris). Diese Ausführungen halte ich in ihrer Allgemeinheit für unzutreffend. Es dürfte viele Wohnungen geben, in denen das Heizverhalten völlig ausreichend wäre. Zumindest ohne ausdrückliche Belehrung ist daher eine Verpflichtung zu einem stärkeren Heizverhalten nicht zu begründen. Wie willkürlich die Annahmen sind, zeigt das folgende Urteil.

Amtsgericht Regensburg: Temperaturen zwischen 18 und 21° Celsius sind nicht zu beanstanden (AG Regensburg, Urteil vom 10. November 2010 – 8 C 1808/09 -, juris).

Fazit für das vom Mieter geschuldete Heizverhalten:

Als Mieter kann man davon ausgehen, dass jedenfalls bei einer regelmäßigen Beheizung aller Räume von 20° Celsius eine Mitverschuldung durch unzureichendes Heizverhalten ausscheidet.

Darf die Temperatur nachts abgesenkt werden?

Die überwiegende Zahl der Gerichte sieht dies so wie das Landgericht Berlin: Auch entspricht es gerade ökonomischem Heizverhalten, die Heizung nicht auf vollen Touren, sondern gemäßigt und konstant zu nutzen, um eine bestimmte Durchgangstemperatur zu halten, die über Nacht gesenkt wird (LG Berlin, Urteil vom 04. Mai 2006 – 32 O 281/05 -, juris).

Kann der Mieter durch entsprechende Hinweise des Vermieters oder durch ausdrückliche Vereinbarungen im Mietvertrag zu einem verstärkten Heizverhalten verpflichtet werden?

Die meisten Gerichte gehen davon aus. Meiner Ansicht nach geht dies nur, soweit der Vermieter dafür triftige Gründe ins Feld führen kann (Erstbezug nach Errichtung, Parterrewohnung, Wohnung mit erhöhter Anfälligkeit für die Bildung von Schimmelpilz). Es geht auch nur ganz eingeschränkt. Eine Vereinbarung von durchgängig mehr 20 °C halte ich für unwirksam, da dies nicht mehr dem üblichen Wohngebrauch entspricht. Auch eine Verpflichtung zur durchgängigen Beheizung (ohne Nachtabsenkung) halte ich jedenfalls für Schlafräume für unwirksam.

13.10.2014

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