ARAG Experten informieren über die ärztliche Schweigepflicht
Ärzte, Anwälte, Geistliche – sie alle sind so genannte Berufsgeheimnisträger. Das heißt, sie unterliegen der Schweigepflicht. Oft sogar über den Tod desjenigen, der ihnen das Geheimnis anvertraut hat, hinaus. Damit wahrt der Gesetzgeber das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung. Wer sich nicht an dieses Verschwiegenheitsgebot hält, macht sich strafbar und kann mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bestraft werden. Allerdings gibt es Situationen, die von dieser Pflicht entbinden. Die Corona-Pandemie beispielsweise.
Die ärztliche Schweigepflicht
Ärzte wie auch deren Mitarbeiter gehören zu den klassischen Berufsgeheimnisträgern. Sämtliche Informationen, wie z. B. Röntgenaufnahmen, Befunde oder andere schriftliche Mitteilungen, die im Rahmen der Untersuchung fließen, sind geheim. Aber auch Dinge, die der Arzt eher nebenbei von seinem Patienten erfährt, dürfen nicht weitererzählt werden. Sogar gegenüber Polizei, Staatsanwälten oder anderen Ermittlungspersonen sind Ärzte in der Regel zum Schweigen verpflichtet.
Keine Schweigepflicht bei Corona
Stellt ein Arzt bei einem Patienten eine Covid-19-Infektion fest, schreibt das Infektionsschutzgesetz eine Meldepflicht vor. Innerhalb von 24 Stunden muss er dem zuständigen Gesundheitsamt die Kontaktdaten der betroffenen Person und die wahrscheinliche Infektionsquelle nennen, damit der Patient möglichst umgehend isoliert und Kontaktpersonen ermittelt werden können.
Weitere Ausnahmen von der Schweigepflicht
Auch bestimmte Infektionserkrankungen wie etwa Masern, Hepatitis A bis E oder Windpocken muss der Arzt dem Gesundheitsamt mit den Personalien des Patienten nennen. Kann er direkt oder indirekt z. B. AIDS oder Malaria nachweisen, muss er den Befund anonym an das Gesundheitsamt übermitteln, das heißt ohne persönliche Daten des Patienten zu nennen. Auch Berufsunfälle und -krankheiten muss ein Arzt melden. Und zwar an die Unfall- und Krankenversicherung. In letzter Konsequenz kann der Patient zwar einfordern, dass die Diagnose geheim gehalten wird, aber dadurch riskiert er seinen Anspruch auf Versicherungsleistungen.
In einem konkreten Fall durfte eine Berufsunfähigkeitsversicherung sogar von einem Patienten verlangen, den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Es lag der Verdacht vor, dass bei Vertragsschluss falsche Angaben gemacht wurden. Dabei flog eine Erkrankung auf, die der Patient nicht angegeben hatte. Am Ende musste der Versicherer keine Rente zahlen, obwohl jahrelang Beiträge gezahlt wurden (Bundesgerichtshof, Az.: IV ZR 289/14).
Rechtfertigender Notstand
Liegt ein so genannter rechtfertigender Notstand vor, muss der Arzt sein Schweigen zumindest der Polizei gegenüber brechen. Das ist der Fall, wenn schwerwiegende Schädigungen oder der Tod zu befürchten sind. Erfährt ein Arzt beispielsweise von seinem Patienten, dass dieser unter Alkohol- oder Drogeneinfluss Auto fährt und er kann ihn nicht davon abbringen, muss er die Behörden informieren. Allerdings weisen die ARAG Experten darauf hin, dass nicht jedes sozial schädliche Verhalten das Brechen der Schweigepflicht rechtfertigt. Der Arzt muss also gründlich abwägen, bevor er handelt, und im Zweifel einen Anwalt um Rat fragen. Gegenüber Dritten gilt die Schweigepflicht in diesem Fall weiterhin.
Schwere Straftaten
Handeln müssen Berufsgeheimnisträger, wenn sie von geplanten schweren Straftaten wie beispielsweise Mord, Raub, Erpressung oder Anschlägen erfahren. Dann sind sie sogar verpflichtet, Anzeige zu erstatten. Wer sich nicht daran hält, dem drohen Geld- oder Freiheitsstrafen.
Grenzfälle
Auch bei der Einhaltung der Schweigepflicht gibt es Grenzfälle, in denen der Arzt selbst entscheiden muss, ob er seine Schweigepflicht bricht. Stellt sich bei einer Untersuchung beispielsweise heraus, dass sich sein Patient mit einer sexuell übertragbaren Krankheit angesteckt hat, kann er seinen Patienten zwar ermahnen, dem Partner davon zu erzählen. Aber er kann es auch selbst übernehmen, den Partner seines Patienten über die Krankheit zu informieren. Stellt er bei einem anderen Patienten beispielsweise fest, dass dieser aufgrund einer Epilepsieerkrankung nicht mehr als Busfahrer arbeiten kann, muss er abwägen: Kann er seinen Patienten überzeugen, sich fahruntauglich zu melden? Oder informiert er zunächst die Familie des Patienten, damit sie ihn überzeugt, das Busfahren einzustellen? Oder hat er den Eindruck, dass gutes Zureden nicht hilft und er den Arbeitgeber informieren muss?
Als Patient hat man übrigens stets das Recht, seinen Arzt von der Schweigepflicht zu befreien. Das muss nach Auskunft der ARAG Experten nicht einmal schriftlich erfolgen, sondern kann auch mündlich geschehen.
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