Stefan Kühn: Grundlagen der Unternehmensbewertung – Was ist der Substanzwert?

Der Wirtschaftswissenschaftler und Finanzexperte Stefan Kühn erläutert die Grundlagen der Unternehmensbewertung und stellt dabei den Substanzwert als zentrale Leitgröße für Value-Investoren heraus.

BildDer Substanzwert eines Unternehmens bewertet die Sachwerte, die sich im Besitz des Unternehmens befinden“, erklärt Kühn. „Er wird nicht nur für die Bewertung von Aktien herangezogen, sondern bildet auch die Grundlage für die Beleihungsfähigkeit von Vermögensgegenständen, zum Beispiel für Bankkredite.“

Wie wird der Substanzwert eines Unternehmens bestimmt?

Um den Substanzwert eines Unternehmens zu ermitteln, muss zunächst das gesamte Vermögen des zu bewertenden Unternehmens erfasst werden. Dazu zählen alle materiellen Güter, die sich im Eigentum des Unternehmens befinden. „Zum Substanzwert gehören aber auch die Gegenstände, die nicht unmittelbar zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens gehören. Das nennen wir nicht betriebsnotwendiges Vermögen“, erklärt Kühn. Beispiele dafür sind Wohnimmobilien oder Wertpapierbestände als Anlagereserve.

Was umfasst der Substanzwert?

Der Substanzwert umfasst alle liquiden Mittel, die dem Unternehmen gehören. In die Berechnung fließen alle Gebäude des Unternehmens, der Fuhrpark, alle Maschinen, Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte sowie die fertigen Erzeugnisse im Vorratsvermögen ein. Bei diesen Werten handelt es sich um das so genannte betriebsnotwendige Vermögen, d.h. um Sachwerte, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind.

Wie wird der Substanzwert berechnet?

Es gibt verschiedene Varianten, den Substanzwert eines Unternehmens zu berechnen. „Die häufigste und einfachste Variante ist der Wiederbeschaffungswert der Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden“, erklärt Kühn. „Werden die Schulden des Unternehmens nicht abgezogen, spricht man vom Bruttosubstanzwert. Bei einer Unternehmensbewertung für einen Anteilserwerb macht der Substanzwert mehr Sinn.“ Wichtig ist es, den Substanzwert vom Liquidationswert zu unterscheiden. „Der Liquidationswert berücksichtigt alle Vermögensgegenstände und Schulden zu Veräußerungserlösen unter der Annahme der Zerschlagung des Unternehmens“, so Kühn weiter.

Wann kommt das Substanzwertverfahren zum Einsatz?

Das Substanzwertverfahren spiegelt den aktuellen Marktwert des Unternehmensvermögens wider. „Vereinfacht ausgedrückt erhält man genau den Wert, der notwendig wäre, um das Unternehmen in seiner jetzigen Ausstattung wieder aufzubauen“, erklärt Kühn. „Der so ermittelte Substanzwert spiegelt den tatsächlichen Wert des Unternehmens besser wider als der Buchwert in der Bilanz, da er Abschreibungen und stille Reserven berücksichtigt.“ Dieses Verfahren wird angewendet, wenn ein Unternehmen einen vergleichsweisen hohen Anteil des Vermögens in Kapitalanlagen, Vorräten oder Immobilienwerten ausweist, da hier regelmäßig hohe stille Reserven vorhanden sind.

Was sollte man noch über den Substanzwert wissen?

Das Sachwertverfahren wurde bereits in den 1950er Jahren entwickelt“, erklärt Kühn. „Im Laufe der Zeit geriet das Verfahren jedoch in die Kritik, da der ermittelte Wert nur das eingesetzte Kapital berücksichtigt und nicht den Wert, den ein Unternehmen erwirtschaften kann.“ Daher werde das Substanzwertverfahren heute häufig nur noch zur Ermittlung einer Wertuntergrenze oder als Hilfswert zur Ermittlung des Ertragswertes herangezogen. „Aber noch einmal: Der Substanzwert ist die Leitgröße für Value-Investoren“, betont Kühn.

Zusammenfassung: Wann wird die Substanzwertmethode (SWM) angewandt?

Die SWM wird angewandt, wenn es sich um Unternehmen handelt, die über ein großes Anlagevermögen verfügen, wie z.B. Anlagen, Fuhrpark, Immobilien und Grundstücke. Ein klassisches Beispiel ist ein altes Industrieunternehmen im Herzen einer Stadt. „Der Vorteil von SWM ist, dass das Unternehmen relativ einfach zu bewerten ist, da Bilanzen und Gutachten herangezogen werden können“, sagt Kühn. „Der Nachteil ist jedoch, dass die Ertragskraft nicht berücksichtigt wird“.

Fazit

Diversifikation spielt in der Portfoliotheorie eine zentrale Rolle und zeigt je nach Branche und Anlageform unterschiedliche Effekte“, so Kühn abschließend. „Während ETFs bereits diversifiziert sind, zeigt die Diversifikation für einzelne Branchen wie Pharma oder Energie deutliche Unterschiede in der Risikoreduktion. Bei der Unternehmensbewertung bleibt der Substanzwert insbesondere für Value-Investoren ein wichtiges Instrument, auch wenn seine ausschließliche Anwendung in der modernen Unternehmensbewertung umstritten ist.

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Stefan Kühn ist Betriebswirt, Ökonom und Autor; er befasst sich seit einigen Jahren mit den volkswirtschaftlichen Veränderungen und der Interdependenz der Märkte sowie der politischen Einflussnahme in Bezug auf Unternehmen, Gesellschaft und den Geldmarkt. In seinem Buch „Einmal Theorie und Praxis der Finanzmärkte und zurück!“ führen Sie erfahrene Autoren durch das komplexe Geflecht von Fiskal- und Geldpolitik, Aktienmärkten, Klimaneutralität und der aufstrebenden Weltmacht China. Dabei betrachtet er nicht allein rein wissenschaftliche Methoden, sondern bezieht seine Erkenntnisse aus seiner langjährigen Tätigkeit als Unternehmer, ehemaliger Vorstand und Consultant des Managements überwiegend börsennotierter Unternehmen.

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