ARAG Experten informieren über Rechte und Pflichten während eines Streiks
Wenn dieser Tage Kitas geschlossen bleiben, Schüler mit dem Rad zur Schule fahren oder die Mülltonnen nicht geleert werden, liegt es ausnahmsweise nicht am Coronavirus, sondern am Warnstreik im öffentlichen Dienst, zu dem die Gewerkschaft Verdi bereits am Sonntag aufgerufen hat. Welche Konsequenzen dies für betroffene Arbeitnehmer hat, erklären die ARAG Experten in einem Überblick.
Kein Grund für Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz
Kommt der öffentliche Nahverkehr durch einen Streik zum Erliegen, haben Arbeitnehmer, die üblicherweise mit Bus oder Bahn zum Arbeitsplatz fahren, keinen Grund, zu spät zur Arbeit zu kommen oder gar zu schwänzen. Im Zweifel kann der Arbeitgeber sogar den Lohn entsprechend kürzen. Dies ist dann das so genannte Wegerisiko von Arbeitnehmern. Sie müssen sich daher rechtzeitig um eine entsprechende Alternative bemühen. Das kann das Fahrrad sein, das eigene Auto oder die Mitfahrgelegenheit bei einem Kollegen. Der Mitarbeiter muss alle zumutbaren Möglichkeiten ausschöpfen. Nicht zumutbar wäre beispielsweise eine Anreise einen Tag früher und womöglich eine Übernachtung im Hotel, weil man es sonst nicht pünktlich zur Arbeit schaffen würde. Auch hohe Taxikosten ins Büro sind im niedrigeren Lohnsektor nicht zumutbar. In solchen Fällen sollten Arbeitnehmer mit dem Chef besprechen, welche Möglichkeiten es gibt – beispielsweise ein Nacharbeiten oder das Arbeiten im Home-Office. Doch wie die Lösung auch ausfällt: Ist vertraglich, in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag nichts anderes geregelt, ist der Chef nach Angaben der ARAG Experten nicht gezwungen, Alternativen anzubieten.
Info an den Chef
Wenn abzusehen ist, dass es der Arbeitnehmer trotz aller Bemühungen aufgrund eines Streiks nicht pünktlich oder gar nicht zur Arbeit schafft, muss er seinen Arbeitgeber, den Vorgesetzten oder die Personalabteilung darüber informieren. Dabei raten die ARAG Experten, nach Möglichkeit eine Mail zu schreiben, um im Streitfall einen Beweis in der Hand zu haben. Eine Nachricht an den Kollegen ist nicht ausreichend.
Kita zu – was nun?
Auch wenn es sich aktuell nur um Warnstreiks handelt, bei denen Beschäftigte für wenige Tage die Arbeit niederlegen, ist es für berufstätige Eltern eine Herausforderung, wenn die Kita Streik-bedingt geschlossen bleibt. Die ARAG Experten weisen zwar darauf hin, dass Eltern im Notfall – wenn also die Kita unvorhergesehen geschlossen bleibt – zu Hause bleiben dürfen, wenn der Arbeitsvertrag dies nicht ausdrücklich ausschließt. Ein angekündigter Streik ist aber in der Regel kein Notfall. Hier müssen Eltern also eine andere Lösung finden, wie z. B. die Betreuung durch Großeltern, sofern dies Corona-bedingt unproblematisch ist oder das Arbeiten im Home-Office. Auch die Betreuung des Nachwuchses im Büro kann möglich sein, wenn der Chef einverstanden ist.
Ein Anspruch, zu Hause bleiben zu dürfen, gilt nur bei kurzfristigen, unvorhersehbaren Schließungen oder wenn Arbeitnehmer alle zumutbaren Möglichkeiten der Kinderbetreuung erfolglos ausgeschöpft haben. In dem Fall wiegt die Pflicht zur Kinderbetreuung schwerer als die Arbeitspflicht. Dann haben Eltern nach Auskunft der ARAG Experten Anspruch auf Lohnfortzahlung (Bürgerliches Gesetzbuch, Paragraf 616).
Kurzfristig Urlaub nehmen?
Spontan einen Urlaubstag opfern, um den Nachwuchs zu betreuen, ist zwar grundsätzlich möglich, muss aber mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden. Denn nach Auskunft der ARAG Experten können Arbeitnehmer nicht eigenmächtig über ihre Urlaubstage entscheiden. Sie müssen beantragt und gewährt werden. Im schlimmsten Fall riskieren Mitarbeiter eine Kündigung. Abschließend sei erwähnt, dass auch eine vorgetäuschte Krankmeldung keine gute Idee ist, denn auch sie kann eine fristlose Kündigung zur Folge haben, wenn der Schwindel auffliegt.
Streikgeld für Gewerkschafts-Mitglieder
Um die Lohneinbußen für streikende Mitglieder abzumildern, zahlen Gewerkschaften Streikgeld, dessen Höhe in den jeweiligen Gewerkschaft-Satzungen festgelegt und vom Bruttogehalt des Streikenden abhängig ist. Nach Angaben der ARAG Experten muss Streikgeld nicht versteuert werden, da es kein Einkommen und auch keine Lohnersatzleistung, wie z. B. Arbeitslosengeld, ist. Gleichzeitig können Streikende aber keine Kosten geltend machen, die mit dem Streik zusammenhängen, wie etwa Fahrtkosten, Verpflegungsaufwand, Übernachtungs- oder Werbungskosten. Allerdings kann der Mitgliedsbeitrag zur Gewerkschaft bei der Einkommenssteuer angegeben werden.
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