„WeChat“-Shops – die neue Online-Marketing-Plattform

Bei E-Commerce-Betreibern vom chinesischen Festland gibt es einen neuen Trend: sie wechseln von „Taobao“ und anderen traditionellen E-Business-Plattformen zu „WeChat“-Onlineshops.

BildViele herkömmliche Betreiber – einschließlich Shoppingcenter, Hotels, Teilzeit-Einkäufer und selbst Händler für Second-Hand-Ware – benutzen neuerdings „WeChat“ als ihre vorrangige Marketing-Plattform.

Für Kleinunternehmer bietet „WeChat“ einen ganz besonderen Vorteil gegenüber anderen E-Business-Plattformen auf dem Markt: es ist sehr individuell gestaltet, spontan und interaktiv.

Lu Ping, eine junge Konsumentin aus Peking, benutzt ihre Kontakte auf „WeChat“ dazu, nicht lieferbare Produkte aufzuspüren. Unter ihren Kontakten befinden sich Händler, die sich auf bestimmte Produkte spezialisiert haben: etwa auf Kleidung, wie sie von der Schauspielerin Jun Ji-hyun in „My Love from the Star“ – einer bekannten südkoreanischen Sci-Fi-Show – getragen wurde, auf die aktuellsten Kate-Spade- und Coach-Taschen aus den USA, günstige Off-Season-UGG-Boots aus Australien, Kosmetik-Produkte von Chanel und Schmuck aus Frankreich. „Viele der Personen, deren Verkaufsservice ich auf „WeChat“ benutze, sind ehemalige Schulkameraden oder Freunde aus dem Ausland“, erzählt Lu. „Ich habe auf „WeChat“ viele Kontakte, die ihre eigenen Onlineshops gegründet haben.“

Grace, eine chinesische Studentin in den USA, ist ebenfalls E-Commerce-Kleinunternehmerin. Sie berichtet, dass viele Studenten vom chinesischen Festland Verkaufsservices auf „WeChat“ als Nebenjob betreiben. „Mit dem „WeChat“-Shop erziele ich ein Einkommen, ohne dass mein Studium darunter leidet. Auf „Taobao“ gibt es viele Einkäufer und der Wettbewerb ist groß. Ich müsste viel Zeit und Mühe investieren, um dort erfolgreich zu sein.“ Immer mehr Menschen eröffneten „WeChat“-Shops, da es inzwischen auch möglich sei, über die App zu zahlen. Sie selbst mache aber nur mit engen Bekannten Geschäfte, daher sei ihr Handelsumfang eher gering: „Ich kann etwa 200 USD im Monat für vergleichsweise wenig Aufwand verdienen und obwohl das nicht gerade viel ist, tue ich etwas, das mir Spaß macht“, erzählt sie.

Ebenfalls überzeugt von „WeChat“ ist Xiao Xiao, eine Hausfrau aus Hongkong. Sie hat sich auf den Einkauf von Produkten für Mutter und Kind spezialisiert: „Manchmal erhalte ich Bestellungen während ich mit meinen Kindern spiele. Trotzdem ist es sehr einfach, mit meinen Kunden über das Telefon zu kommunizieren“, erzählt sie. „Ich verschicke die Ware täglich zu einer festen Zeit per Kurier und tätige Einkäufe, wenn ich meine täglichen Besorgungen erledige. Es nimmt nicht wirklich viel meiner Zeit in Anspruch“, fügt sie hinzu. Aber anders als bei vielen anderen Teilzeit-Einkäufern gehen Xiaos Kontakte über ihr soziales Netzwerk hinaus. Neue Kunden haben ihren Onlineshop für Mutter und Kind auf „Koudai“, einer chinesischen Shopping-App, entdeckt. Soweit bekannt ist dies die einzige mobile Shopping-App, die derzeit das Surfen bei „WeChat“ unterstützt.

Der Aufbau und die Pflege eines Online-Freundeskreises ist unerlässlich, um einen „WeChat“-Store erfolgreich zu betreiben. Je mehr Freunde man hat, umso erfolgreicher ist das Onlineshop-Profil im Netz. Zudem sind wiederholte Bestellungen sehr wichtig für die Betreiber. Auch das Verschicken von persönlichem Informationsmaterial, Chats mit Kunden und kleine Geschenke zu bestimmten Anlässen helfen dabei, die Kundenbindung zu festigen und das Verkaufsvolumen zu steigern.

So können Onlineshops, die Produkte für Mutter und Kind verkaufen, etwa ihre Erfahrungen als Eltern mit ihren Kunden teilen, während die Verkäufer von Kosmetikprodukten und Kleidung Schönheits- und Stylingtipps untereinander austauschen. Nach Erfahrung von Xiao Xiao beruht der Erfolg eher auf einer guten Kundenpflege als konventioneller Unternehmensführung.

Viele Betreiber von Onlineshops tendieren dazu, eine zu große Menge an Werbematerial auf ihre Seiten zu stellen. Wer einen „WeChat“-Store betreibt, sollte dagegen Promotionsmaterial sparsam einsetzen und Werbeartikel regelmäßig austauschen.

Das Geschäft auf „WeChat“ läuft gut, aber kürzlich auf dem chinesischen Festland neu eingeführte Gesetze könnten eine Herausforderung für die Shop-Betreiber werden. Nach Aussage von Industrievertretern wird diese Änderung qualifizierte Einkäufer und Händler im Ausland unterstützen und Verkäufer von gefälschten und verbotenen Produkten werden gesperrt. Allerdings werde die Initiative länderübergreifende Transaktionen bestimmten Zollvorschriften unterwerfen. Während einige diesen Schritt als den richtigen Weg zur angemessenen Kontrolle der E-Commerce-Betreiber sehen, befürchten andere einen Anstieg der Preise durch die Zollgebühren.

Zudem wird das Gesetz als schwer umsetzbar eingeschätzt: Während die Überwachung von Global Playern auf größeren Plattformen wie „Tmall“ vergleichsweise einfach ist, stellt dies bei Einzelakteuren – einschließlich dem „WeChat“-Netzwerk – ein weitaus größeres Problem dar. Derzeit werden die meisten Produkte der „WeChat“-Shops als private Kleinsendungen verschickt und deshalb nur mit einer geringen Steuer für Postsendungen belegt.

Einige Industrie-Insider sind davon überzeugt, dass „WeChat“-Shops ihre Produkte nur dann verzollen und Steuern bezahlen müssen, wenn eine bestimmte Warenmenge überschritten wird. Damit fielen große Bestellmengen nicht mehr länger unter die geringe Steuer für Postsendungen, während kleinere Mengen nicht notwendigerweise betroffen seien. Welche Änderungen dies im Geschäftsmodell zur Folge haben wird, bleibt abzuwarten.

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